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Im Jahr 1949 gab es einen Konsens in der Beratenden Versammlung des Europarates: Es sei besser für eine Gesellschaft
unterzugehen als zum barbarischen Instrument der Folter zu greifen. Wie nachhaltig ist das Bekenntnis angesichts
der Bedrohungen, die aus schweren Formen der Kriminalität oder aus dem internationalen Terrorismus erwachsen?
Dürfen, ja müssen wir nicht misshandeln, wenn wir uns gegen Barbarei angemessen zur Wehr setzen wollen?
Mit den Fragen sind zwei Diskurse angesprochen — ein amerikanischer und ein deutscher — die eng miteinander
verknüpft sind. In den Vereinigten Staaten tauchten schon in den ersten Monaten des Kriegs gegen den
internationalen Terrorismus Zeitungsmeldungen auf, in denen Sicherheitsorgane darüber klagten, dass die
Gefangenen in Befragungen äußerst widerstandsfähig seien.
FBI-Angehörige plädierten für schärfere
Vernehmungsmethoden, das Wort von „coercive interrogation“ und „truth serum“ machte die Runde. Das U.S.
Justizministerium ließ untersuchen, ab wann genau man in Konflikt mit dem Folterverbot käme. Und es wurde
überlegt, die Gefangenen in einen Staat zu bringen, der es mit dem Folterverbot nicht so genau nähme, wie Ägypten,
Jordanien, Syrien oder Saudi Arabien.
Die deutsche Diskussion war im Wesentlichen geprägt durch einen
Entführungsfall, der die Frankfurter Polizei an die Grenzen der legalen Vernehmungstechniken führte: Als der
Verdächtige auch am dritten Befragungstag nicht sagen wollte, wo sich das entführte Kind befand, ließ ihm der
Vize-Polizeipräsident Schmerzen androhen, wie er sie noch nie erlebt habe. Der Verdächtige war sofort zur
Aussage bereit. Das Verständnis, das den amerikanischen Sicherheitsdiensten oder der Frankfurter Polizei in
der Öffentlichkeit entgegengebracht wurde, ist beträchtlich. Es gibt — so scheint es — einen realen
Misshandlungsbedarf.
:: Genaueres zu den beiden rechtswissenschaftlichen Diskursen...
Verantwortlich für den Inhalt dieser Seite: Prof. Dr. Ulrike Davy
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