Das Bielefelder Standortprojekt im Rahmen der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ von Bund und Ländern
Betreuer*innen |
Prof. Dr. Friederike Kern (Uni Bielefeld) & Prof. Dr. Sören Ohlhus (Uni Hildesheim) |
Fakultät/Arbeitsbereich |
Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft, Fachbereich Sprachliche Grundbildung |
Datum der Disputation |
29.03.2023 |
Link zur Veröffentlichung | |
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https://ekvv.uni-bielefeld.de/pers_publ/publ/PersonDetail.jsp?personId=40866488 |
Diese Dissertation befasst sich mit der Fallarbeit im Rahmen der universitären Lehrer*innenbildung. Dazu wurden studentische Analysegruppen bei der gemeinsamen Arbeit an selbsterstellten (deskriptiven) Beobachtungsprotokollen aus dem Deutschunterricht der Grundschule videographiert. In Orientierung an (ethnomethodologisch inspirierter) gesprächsanalytischer (Deppermann, 2000; Garfinkel, 1967), interaktionslinguistischer (Selting, E Couper-Kuhlen) und wissenssoziologischer (Berger & Luckmann, 2018 [1969]) Methodologie wird die Arbeit angehender Lehrkräfte mit medial repräsentiertem Unterricht (Beobachtungsprotokolle) als kulturelle Praxis konzeptualisiert, mit dem Ziel, eine deskriptive und (zunächst) von hochschuldidaktisch normativen Ansprüchen absehende Perspektive auf das studentische Arbeiten zu etablieren (vgl. Kunze, 2017). Dies soll als Ausgangspunkt für eine fundierte und kritische Auseinandersetzung mit den Intentionen und Zielsetzungen der Fallarbeit in der Lehrer*innenbildung im Speziellen und dem Verhältnis von Wissenschaft und Praxisorientierung im Allgemeinen dienen. Dazu wird dem Konzept der „professional vision“ nach Goodwin (1994, 2015) gefolgt, welches das (gemeinsame) Wahrnehmen und Deuten empirischer bzw. materieller und sozialer Phänomene als gesprächsintern multimodalen Vollzug aus „highlighting“ und „coding“ in den Blick rückt. Übertragen auf die studentische Arbeit mit den Unterrichtsprotokollen werden die sprachlichen Bearbeitungsverfahren als Ausdruck einer kontinuierlichen Vergegenständlichung des in den Protokollen beschriebenen Unterrichtsgeschehens aufgefasst. Diese Bearbeitungsverfahren des Übersetzens und Kategorisierens, Deutens und Interpretierens und Bewertens werden dazu sowohl hinsichtlich der gesprächsstrukturellen und sequenziellen Spezifika analysiert als auch bezogen auf die darin zum Ausdruck gebrachten Routinen und Deutungsmuster bezogen auf Unterricht allgemein und Deutschunterricht im Speziellen, die daran beteiligten Akteure und Akteurskategorien und die Fallarbeitssituation (Heller & Quasthoff, 2020a, 2020b; Heller, Quasthoff, Vogler, & Prediger, 2017).
In der Dissertation werden professionelle Kompetenzen von angehenden Mathematiklehrkräften untersucht, die sie zur Förderung des Mathematiklernens und zur Motivationsförderung von Schüler*innen mit Lernschwierigkeiten benötigen. Dazu werden zunächst Grundsätze der Förderung dieser Schüler*innengruppe formuliert und, unter Berücksichtigung der Forschung zu professionellen Kompetenzen von Lehrkräften, ein Modell der professionellen Kompetenz, motiviertes Lernen zu fördern, entwickelt. In zwei Studien wird die Entwicklung der Kompetenzfacetten im Rahmen einer universitären Veranstaltung mit Praxisphase betrachtet und ein systematischer Einblick in die, in der Praxisphase gezeigte, Unterstützungspraxis der angehenden Lehrkräfte gegeben.
Betreuer*innen |
Prof.in Dr. Birgit Lütje-Klose, Prof.in Dr. Annette Textor |
Fakultät/Arbeitsbereich |
Fakultät für Erziehungswissenschaft |
Datum der Disputation |
27.09.2021 |
Link zur Veröffentlichung | https://doi.org/10.4119/unibi/2960573 |
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Auf Grundlage der UN-Behindertenrechtskonvention kommt Hochschulen die Aufgabe zu, Lehramtsstudierenden Kompetenzen für guten inklusiven Unterricht zu vermitteln. Diese Kompetenzen werden von unterschiedlichen Disziplinen ins bildungswissenschaftliche Studium eingebracht. Je nach Disziplin rücken jeweils andere Dimensionen guten inklusiven Unterrichts in den Fokus. Damit Studierende eine multiperspektivische Wissensbasis aufbauen können, sind die jeweils unterschiedlichen Perspektiven im Sinne einer kohärenten Lehrer*innenbildung im Studium integriert zu vermitteln.
Im Rahmen des Bielefelder Projekts Biprofessional wurde ein interdisziplinäres Lehrkonzept entwickelt, in dem guter inklusiver Unterricht aus den Perspektiven der Pädagogischen Psychologie, der Schulpädagogik und der Inklusiven Pädagogik betrachtet wird. Der Forschungs-und-Entwicklungs-Logik des Projektes entsprechend umfasst die kumulative Dissertation sowohl konzeptuelle als auch empirische Beiträge.
In den konzeptuellen Beiträgen werden das entwickelte und evaluierte Seminarkonzept und eine weiterentwickelte Strukturlegetechnik zur Reflexion und Evaluation Subjektiver Theorien vorgestellt.
Um die Wirksamkeit des Seminars mit Blick auf bildungswissenschaftliches Wissen und inklusionsbezogene Einstellungen zu überprüfen und Veränderungsprozesse Subjektiver Theorien nachzuvollziehen, wurden sowohl quantitative als auch qualitative Studien durchgeführt.
In Studie I wurde die Wirksamkeit des Seminars in einem quasi-experimentellen Design mit drei Messzeitpunkten untersucht. Dabei kamen bewährte, standardisierte Fragebögen zur Erfassung bildungswissenschaftlichen Wissens und inklusionsbezogener Einstellungen zum Einsatz. Die Daten wurden statistisch mit Kovarianzanalysen und Friedman-Tests ausgewertet. Die Analysen zeigen, dass die Studierenden der Experimentalgruppe über signifikant mehr bildungswissenschaftliches Wissen und positivere inklusionsbezogene Einstellungen als die Studierenden der Kontrollgruppe verfügen.
In Studie II wurden inhaltliche Veränderungen der Subjektiven Theorien über guten inklusiven Unterricht mithilfe von Strukturlegeplänen in den Blick genommen. Die Strukturlegepläne wurden mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet. Dabei wird deutlich, dass sich die Subjektiven Theorien stark ausdifferenzieren. Kategorienübergreifende Betrachtungen legen nahe, dass die Studierenden über komplexe Verständnisse inklusiven Unterrichts verfügen, die sie im Zusammenhang mit Rahmenbedingen und Ressourcen und multiprofessioneller Kooperation konzipieren.
Aufbauend auf den Strukturlegeplänen wurden in Studie III problemzentrierte Interviews geführt. Die Interviews wurden auf Basis der Grounded Theory längsschnittlich ausgewertet. Die Studierenden integrieren neue Konzepte in ihre Subjektiven Theorien und identifizieren sie als widersprüchlich zu vorhandenen Konzepten. Die kognitiven Dissonanzen können bei geringer Ambiguitätstoleranz zu negativeren inklusionsbezogenen Einstellungen führen. Studierende mit hoher Ambiguitätstoleranz zeigen dagegen positivere inklusionsbezogene Einstellungen.
Die Ergebnisse werden zueinander in Beziehung gesetzt und übergreifend diskutiert. Es wird aufgezeigt, dass durch die Fragebögen und Strukturlegepläne jeweils unterschiedliche Wissensbestände erfasst werden. Des Weiteren kann festgestellt werden, dass die Interviews ‚gehaltvoller‘ sind als die Strukturlegepläne, da in ihnen neben kognitiven Komponenten Subjektiver Theorien auch affektive Komponenten enthalten sind. Darüber hinaus wird geschlussfolgert, dass bei der standardisierten Erfassung inklusionsbezogener Einstellungen zukünftig auch wahrgenommene Widersprüche zu berücksichtigen sind.
Betreuer*innen | Prof.in Dr. Bettina Zurstrassen, Prof. Dr. Reinhold Hedtke |
Fakultät/Arbeitsbereich |
Fakultät für Soziologie, Arbeitsbereich 9: Didaktik der Sozialwissenschaften |
Datum der Disputation |
25.02.2021 |
Link zur Veröffentlichung | Link folgt |
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Im Zentrum der kumulierten Forschungsarbeiten steht eine theoretische Beschreibung und Verortung sozialwissenschaftsdidaktischer Professionalität. Die Arbeiten reagieren auf ein fachdidaktisches Forschungsdesiderat, weil lehrerbildungsbezogene Professionsforschung und sozialwissenschaftsdidaktische Forschung bislang selten aufeinander bezogen werden. Es wird nachgezeichnet, wie eine auf die Sozialwissenschaften bezogene Lehrerprofessionalität ausgehend von explizit sozialwissenschaftlich-fachdidaktischen Anforderungen begründet und wie diese Anforderungen umgekehrt aus einer professionstheoretischen Perspektive heraus weitergehend ausdifferenziert und systematisiert werden. Die Arbeiten beziehen sich auf die drei einander überschneidenden Forschungsgebiete der Lehrerprofessionalität und den fachdidaktischen Diskursen der Sozialwissenschaften und des Sachunterrichts.
Betreuer*innen | Prof.in Dr. Lore Benz, Prof. Dr. Peter Kuhlmann (Georg-August-Universität Göttingen) |
Fakultät/Arbeitsbereich |
Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft; Oberstufen-Kolleg Bielefeld |
Datum der Disputation |
08.01.2021 |
Link zur Veröffentlichung | https://doi.org/10.11588/PROPYLAEUM.1002 |
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https://ekvv.uni-bielefeld.de/pers_publ/publ/PersonDetail.jsp?personId=55511302 |
Die vorliegende Dissertation rückt Ciceros Paradoxa Stoicorum (46 v.Chr.) in den Fokus interdisziplinärer Zugangsmöglichkeiten für den gymnasialen Oberstufenunterricht in den Fächern Latein und Philosophie. Das Werk ist der philosophischen und rhetorischen Literatur zuzuordnen, denn Cicero selbst geht aus unserer heutigen Sicht interdisziplinär vor, indem er die Gelehrtensprache der stoischen Philosophie (oratio erudita) mit Hilfe rhetorischer Argumentation zu popularisieren versucht (oratio popularis).
Im Zentrum der Arbeit steht die Frage, inwiefern dieses Werk gemäß curricularer Ansprüche im Kontext eines fächerübergreifenden Lateinunterrichts Metakompetenzen fördern kann, insbesondere die Urteilskompetenz, die über mehrere Fächer der Sek. II eingefordert wird (Vgl. KMK (2006/2005)). Diese Frage wird an der Schnittstelle von Fachwissenschaft und Fachdidaktik sowie Allgemeindidaktik erörtert, da weder für die Paradoxa Stoicorum eine fachdidaktische Analyse noch für den Lateinunterricht als solchen ein interdisziplinäres Konzept vorliegen, das aber wünschenswert ist, wie Kuhlmann (2015) hervorhebt.
Die Methodik der geisteswissenschaftlichen Hermeneutik leitet den Weg: Zunächst wird das Werk in besonderer Auseinandersetzung mit Nickel (2004), MacKendrick (1989), Molager (1971) und Bruno (1962) philologisch analysiert. Dann werden allgemeindidaktische Konzepte interdisziplinären Unterrichts sowie ihre Umsetzungsmöglichkeiten im Rahmen problemorientierter Unterrichtsarrangements dargestellt – vor allem mit Hilfe der Studien von Henkel (2013) und Hahn (2013/2010) am Oberstufen-Kolleg Bielefeld –, ehe fachdidaktische Ansätze eines solchen Unterrichts im Fach Latein diskutiert werden, insbesondere mit Kuhlmann (2015/2010b und c), Kipf (2014), Glücklich (2013) und Maier (1988a und b/1987). Die hier gewonnenen Erkenntnisse werden kompetenzorientiert mit dem Fach Philosophie und der dialektischen Philosophiedidaktik Henkes (2019) am Beispiel der Kernlehrpläne NRW verbunden. Diese Erörterung mündet in ein erarbeitetes fächerübergreifendes Konzept, das eine Struktur bietet, das Fach Latein mit Fächern der gymnasialen Oberstufe im Allgemeinen, mit dem Fach Philosophie im Besonderen kompetenzorientiert zu verbinden.
Die dann einsetzende Untersuchung der philologisch analysierten Paradoxa Stoicorum auf interdisziplinär-didaktische Implikate bietet Anschluss an das Konzept einschließlich der erörterten Fachmethodiken. Hierzu sind drei Probleme entfaltet worden, die in beiden Fächern (curricular) relevant sind und deren Problemlösung die Urteilskompetenz besonders fördern können: 1. Zwischen virtus und voluptas – Wie gelange ich zur εὐδαιμονία? 2. Zwischen virtus und divitiae – Was ist Reichtum? 3. Zwischen exul und hostis – Was ist ein Exil?
Um die Paradoxa Stoicorum für die Unterrichtspraxis – vor allem im Kontext zu fördernder Metakompetenzen – nutzbar zu machen, ist hierzu ein Unterrichtsvorhaben erstellt worden. Dieses impliziert in Bezug auf das zweite Problem exemplarisches Material, das in einem fächerübergreifenden Latein- und Philosophieunterricht, aber auch in einem fachgebundenen Unterricht eingesetzt werden kann. Schließlich weist die Dissertation zum einen nach, dass die Paradoxa Stoicorum vor allem auf Grund ihrer verdichteten Exemplarität stoischer Lehren und gegenwartsbezogenen Zugänglichkeit Berechtigung haben, als gewinnbringende Lektüre im Lateinunterricht mit dem Schwerpunkt stoischer Philosophie thematisiert zu werden. Zum anderen stellt sie heraus, dass das von Cicero interdisziplinär angelegte Werk besonderes Potential bietet, in einem fächerübergreifenden Unterricht mit dem Fach Philosophie problemorientiert Metakompetenzen des rekonstruktiven Erläuterns und Beurteilens zu fördern.
Textausgaben, Übersetzungen und Kommentare
Cicéron, Les Paradoxes des Stoïciens, Texte établi et traduit par Jean Molager, Société d’Édition « Les Belles Lettres » Paris 1971.
Cicerone Paradoxa Stoicorum, a cura di Giuseppe Bruno, seconda edizione rivedula (Nuova collezione di classici Greci e Latini con note diretta da R. Cantarella e B. Riposati, Serie Latina, Vol. IX), Società Editrice Dante Alighieri p. a., Milano-Roma-Napoli- Città di Castello 1962.
M. Tullius Cicero, De Legibus, Paradoxa Stoicorum. Über die Gesetze, Stoische Paradoxien. Lateinisch und deutsch, hrsg., übersetzt und erläutert von Rainer Nickel, 3. Auflage (Sammlung Tusculum, Artemis & Winkler), München/Zürich 2004.
MacKendrick, Paul (1989): The Philosophical Books of Cicero, with the collaboration of Karen Lee Singh, Duckworth, London.
Forschungsliteratur und KMK-Beschlüsse
Beschlüsse der Kultusministerkonferenz (KMK) (2006): Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung. Philosophie. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 01.12.1989 i.d.F. vom 16.11.2006. In: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/1989/1989_12_0 1-EPA-Philosophie.pdf.
Beschlüsse der Kultusministerkonferenz (KMK) (2005): Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung. Latein. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 01.02.1980 i.d.F. vom 10.02.2005. In: https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/1980/1980_02_01_EPA_L atein.pdf.
Glücklich, Hans-Joachim (2013/2008): Lateinunterricht. Didaktik und Methodik, 3. Auflage, Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen. In: https://content-select.com/media/lgcy_viewer/536b5eb6-84f0-4de5-a58f-4d792efc1343.
Hahn, Stefan (2013): Wissenschaftspropädeutik in der gymnasialen Oberstufe. In: Bosse, Dorit/ Eberle, Franz/ Schneider-Taylor, Barbara (Hg.): Standardisierung in der gymnasialen Oberstufe, Springer VS, Wiesbaden 2013, S.161-174.
Hahn, Stefan (2010): Der fächerübergreifende Unterricht am Oberstufen-Kolleg: Eine Zwischenbilanz zu Konzept, Umsetzung und Entwicklungspotentialen. Unveröffentlichtes Manuskript.
Henke, Roland W. (2019): Der dialektische Ansatz. In: Peters, Martina und Jörg (Hg.): Moderne Philosophiedidaktik. Basistexte, Meiner, Hamburg, S.71-83.
Henkel, Christiane (2013): Fächerübergreifenden Unterricht in der Oberstufe entwickeln und erproben. Ein theoretischer und empirischer Beitrag zu einer fächerübergreifenden Didaktik. Dissertation, Universität Bielefeld.
Kipf, Stefan (Hg.) (2014): Integration durch Sprache. Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache lernen Latein (Studienbücher Latein. Praxis des altsprachlichen Unterrichts), C.C. Buchner, Bamberg.
Kuhlmann, Peter (2015): Perspektivenwechsel: Kompetenzen vs. Lernziele. In: Kipf, Stefan / Kuhlmann, Peter (Hg.): Perspektiven für den Lateinunterricht. Ergebnisse der Dresdner Tagung vom 5./6.12.2013 (Studienbücher Latein. Praxis des altsprachlichen Unterrichts), C.C. Buchner, Bamberg, S.16-26.
Kuhlmann, Peter (2010b): Modelle und Methoden. In: ders. (Hg.): Lateinische Literaturdidaktik (Studienbücher Latein. Praxis des altsprachlichen Unterrichts), C.C. Buchner, Bamberg, S. 8-38.
Kuhlmann, Peter (2010c): Philosophische Texte. In: ders. (Hg.): Lateinische Literaturdidaktik (Studienbücher Latein. Praxis des altsprachlichen Unterrichts), C.C. Buchner, Bamberg, S.143- 157.
Maier, Friedrich (1988a): Lateinunterricht zwischen Tradition und Fortschritt, Bd. 1, Zur Theorie und Praxis des lateinischen Sprachunterrichts, 3. Auflage, C.C. Buchner, Bamberg.
Maier, Friedrich (1988b): Lateinunterricht zwischen Tradition und Fortschritt, Bd. 3, Zur Praxis des lateinischen Lektüreunterrichts, 2., durchgesehene Auflage, C.C. Buchner, Bamberg.
Maier, Friedrich (1987): Lateinunterricht zwischen Tradition und Fortschritt, Bd. 2, Zur Theorie des lateinischen Lektüreunterrichts, 2., durchgesehene Auflage, C.C. Buchner, Bamberg.
Letztes Abrufdatum der Internet-Quellen: 05/2020.
Betreuer*innen | Prof. Dr. Oliver Böhm-Kasper, Prof. Dr. Jörg van Norden |
Fakultät/Arbeitsbereich |
Promotion in der Fakultät für Erziehungswissenschaft |
Datum der Disputation | 21.12.2020 |
Link zur Veröffentlichung | https://pub.uni-bielefeld.de/record/2950452 |
Link zur eigenen Homepage |
https://ekvv.uni-bielefeld.de/pers_publ/publ/PersonDetail.jsp?personId=83807200 |
Das Theorie-Praxis-Verhältnis von Universität und Schule und dessen Transfer stehen schon länger im Fokus empirischer Untersuchungen zur Lehrer*innenbildung. Weil dieses empirisch und ausbildungstechnisch als problematisch gesehen und Kritik hierzu vorwiegend an die erste Ausbildungsphase getragen wird, stellt seit einigen Jahren die Ausdehnung der praktischen Anteile im Studium einen erwartungsvollen Lösungsvorschlag dar. Das Praxissemester in seiner regional unterschiedlichen Ausgestaltung hat sich bisher am stärksten und prominentesten als eine mögliche Umsetzung dieses Vorschlags durchgesetzt. An der Universität Bielefeld wird seit 2016 im Rahmen von BiProfessional unter anderem zum Aufbau, zur Wirkung und Nutzung des Praxissemesters (nach dem Leitkonzept, 2011) aus mehrheitlich fachdidaktischer Perspektive geforscht. Auch die Geschichtsdidaktik trägt einen Teil dazu bei und untersucht ihrerseits empirisch, ob Lehramtsstudierende im Fach Geschichte durch Praxiserfahrung Lernprogressionen in ihrer Entwicklung von Fachkompetenz (narrativer und hermeneutischer Kompetenz) zeigen. Konkret wird damit das Mastermodul des Praxissemesters, d.h. die schulische Praxis inklusive der begleitenden universitären Veranstaltungen, in den Blick genommen. Es soll das Sammeln konkreter Erfahrungen im eigenen Unterricht und das Untersuchen didaktischer Theorie hinsichtlich ihrer praktischen Umsetzung im Rahmen von Studienprojekten ermöglichen. Am Ende dieser Ausbildung stehen curriculare und ministeriale Vorgaben, über welche Kompetenzen die Studierenden abschließend verfügen sollen (insb. KMK). Es ist folglich zu prüfen, ob zum einen das Bielefelder Praxissemester fachspezifische Kompetenzen fördern kann und zum anderen das Erfüllen dieser Vorgaben zum Ende der didaktischen Ausbildung realistisch ist.
Die Untersuchung erfolgte mithilfe eines Frage-/Aufgabenbogens im Pre-Post-Follow up-Verfahren (zurückgehend auf Norden, 2018), die Auswertung nach einem mixed-methods-Ansatz (Transferdesign: qualitative Inhaltsanalyse und Quantifizierung der Daten). Die Befunde bieten insgesamt ein ernüchterndes Ergebnis: Lernprogressionen waren im Zuge des Praxissemesters kaum feststellbar und die erreichten Kompetenzniveaus erfüllten nicht oder bestenfalls in wenigen Bereichen die ministerialen Forderungen. In einer kritischen Auseinandersetzung mit diesen Befunden bestärkte sich die These, dass die begleitenden Veranstaltungen eine wesentliche Rolle spielen können, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Erneute Testungen nach einer inhaltlichen und methodischen Anpassung der betreffenden Veranstaltung (Vorbereitungsseminar) zeigten deutliche - wenn auch noch nicht durchgehend hinreichende – Lernprogressionen. Die Befunde der Untersuchung führen zu der Erkenntnis, dass Erwartungen an das Praxissemester am Standort Bielefeld im Fach Geschichte entsprechend relativiert und stärker an vorangegangene Phasen der universitären Ausbildung rückgekoppelt werden muss.
Literatur
Leitkonzept zur standortspezifischen Ausgestaltung des Bielefelder Praxissemesters vom 12.10.2011. Aufgerufen am 03.06.2020. Verfügbar unter https://www.uni-bielefeld.de/einrichtungen/bised/forschung-entwicklung/forschendes-lernen/pdf/leitkonzept.pdf.
Norden, J.v. (2018). Students and their „idea of history“- A theory based testing of hermeneutical and narrative competences. In F. Neumann & L. Shopkow (Hrsg.), Teaching history in university (S. 163-192). Frankfurt a.M.: Wochenschau.
Betreuer*innen | Prof.in Dr. Susanne Miller, Prof.in Dr. Barbara Koch |
Fakultät/Arbeitsbereich |
Bielefeld School of Education, Promotion in der Fakultät für Erziehungswissenschaft |
Datum der Disputation | 24.09.2020 |
Link zur Veröffentlichung | https://doi.org/10.4119/unibi/2957499 |
Link zur eigenen Homepage |
https://ekvv.uni-bielefeld.de/pers_publ/publ/PersonDetail.jsp?personId=15328610 |
Die Konzeption des nordrhein-westfälischen Praxissemesters folgt einer integrativen Verhältnisbestimmung von Theorie und Praxis. Damit wird die Annahme zugrunde gelegt, dass theoretisches und empirisches Wissen eine Relevanz für die Handlungskompetenz von Lehrer*innen aufweisen. Dieser Prämisse folgend, werden mit einem Praxissemester nicht nur deutlich mehr handlungspraktische Elemente, sondern auch Lerngelegenheiten für eine Verknüpfung von Theorie und Praxis in die universitäre Lehrerausbildung integriert.
Im Rahmen von problemzentrierten Interviews wurden sieben Lehramtsstudierende aus der ersten Kohorte des Praxissemesters zu ihrer Perspektive auf das Theorie-Praxis-Verhältnis und zu ihrer Nutzung Theorie und Praxis verknüpfender Lernangebote befragt. Um ein Verständnis für die Passung respektive Nicht-Passung zwischen dem Angebot Praxissemester und der (über dessen Wahrnehmung und Interpretation mitbestimmten) individuellen Nutzung seitens der Studierenden erlangen zu können, wurden die Transkripte der Interviews inhaltsanalytisch ausgewertet. Um zudem die individuellen Bedeutungsaspekte der Befragten stärker berücksichtigen zu können, erfolgte die Darstellung und Interpretation zweier Fallporträts. Dafür wurden die beiden interviewten Lehramtsstudierenden ausgewählt, die bezogen auf die individuelle Wahrnehmung des Theorie-Praxis-Verhältnisses und der Nutzung Theorie und Praxis verknüpfender Lerngelegenheiten in stärkstem Kontrast zueinander stehen.
Für die Analyse und Interpretation der Daten wurde ein für das Praxissemester modifiziertes Angebots-Nutzungs-Modell herangezogen. Die diesem Einflussmodell zugrunde liegende Annahme, dass die Lernangebote im Praxissemester von den Lehramtsstudierenden unterschiedlich wahrgenommen, interpretiert und genutzt werden, konnte in der Auswertung der sieben Interviews bestätigt werden. Dies ist angesichts der Subjektivität von Lerngründen (Holzkamp 1993) auch nicht anders erwartbar. Der Mehrwert dieses Forschungsvorhabens liegt darin begründet, diese subjektiven Lerngründe besser verstehen zu können, um sie in der spezifischen Ausgestaltung von Lernangeboten berücksichtigen zu können.
Im Hinblick auf das Praxissemester wurden vier Lernangebote genauer betrachtet: der eigene Unterricht unter Begleitung, die Studienprojekte als hochschuldidaktische Umsetzung des Forschenden Lernens, die vorbereitenden, begleitenden und nachbereitenden Lehrveranstaltungen sowie didaktisch induzierte Reflexionsanlässe.
Bilanzierend kann festgehalten werden, dass die befragten Studierenden ihr Praxissemester in einem unterschiedlichen Maße nutzen. Dabei wird das vermutete Potenzial der fokussierten Lernangebote im Praxissemester bei Weitem nicht ausgeschöpft. Neben einer Abhängigkeit von der individuellen Wahrnehmung, Interpretation und Nutzung der Angebote seitens der Studierenden kann dies u. a. auch auf konzeptionelle und akteursbedingte Faktoren zurückgeführt werden.
Demgegenüber kann die Unterrichtsbeobachtung als Lerngelegenheit betrachtet werden, die im Praxissemester zwar gar nicht so sehr im Fokus steht, aber im Hinblick auf Theorie-Praxis-Verknüpfungen hohes Potenzial aufweist. Aus den Äußerungen der Interviewten konnte herausgearbeitet werden, dass sie insbesondere vor dem Hintergrund ihrer Unterrichtsbeobachtungen Theorie und Praxis in einen Zusammenhang stellen. Ferner kann aufgezeigt werden, dass die (meisten) befragten Studierenden theoretischen Perspektiven nicht per se ablehnend gegenüberstehen, dass aber eine persönliche Relevanz hergestellt werden muss – beispielsweise durch das Entstehen individuell bedeutsamer Fragestellungen. So können sich Lerngelegenheiten von hoher Qualität bieten, die aktives, selbstreflexives und exploratives Lernen ermöglichen (vgl. Hascher & Kittinger 2014, S. 232).
Neben der Unterrichtsbeobachtung können zwei weitere Ansatzpunkte identifiziert werden, denen auf Grundlage der Äußerungen in den Interviews eine hohe Relevanz zugewiesen werden kann: die Kooperation der Ausbildungsakteur*innen und die schulische Begleitung durch die Mentor*innen.
Literatur
Hascher, Tina & Kittinger, Cornelia (2014). Learning processes in student teaching: Analyses from a study using learning diaries. In K.-H. Arnold, A. Gröschner & T. Hascher (Hrsg.), Schulpraktika in der Lehrerbildung. Theoretische Grundlagen, Konzeptionen, Prozesse und Effekte (S. 221-235). Münster: Waxmann.
Holzkamp, Klaus (1993). Lernen. Subjektwissenschaftliche Grundlegung. Frankfurt am Main: Campus.
Betreuer*innen | Prof. Dr. Matthias Wilde |
Fakultät/Arbeitsbereich | Fakultät für Biologie, Biologiedidaktik (Humanbiologie und Zoologie) |
Datum der Disputation | 30.01.2020 |
Link zur Veröffentlichung | https://pub.uni-bielefeld.de/record/2943817 |
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Die Entwicklung der Motivation sowie des Interesses von Schülerinnen und Schülern im Verlauf der Sekundarstufe I wird in Theorie und Empirie als abnehmend beschrieben. Aufgrund der bedeutenden Rolle, die selbstbestimmte Motivationsqualitäten und positive Interessenszustände für erfolgreiche Lernprozesse spielen, sollte auf der Förderung dieser motivationalen Qualitäten im Unterricht ein zentrales Augenmerk liegen. Im ersten Forschungsdesiderat der Dissertation wurden hierzu basierend auf der Selbstbestimmungstheorie (Ryan & Deci, 2017) unterrichtliche Interventionen entwickelt und evaluiert. In dieser Theorie werden zur Erklärung selbstbestimmter Motivationsqualitäten die psychologischen Grundbedürfnisse eines jeden Individuums nach sozialer Eingebundenheit, Kompetenz sowie Autonomie herangezogen. Im Besonderen hat sich in früheren Studien gezeigt, dass ein Unterricht, der an dem Grundbedürfnis von Schülerinnen und Schülern nach Autonomie orientiert ist, positive motivationale Qualitäten fördern kann.
Die Studien des ersten Forschungsdesiderats zeigen übereinstimmend, dass autonomieförderliches Lehrerverhalten positive motivationale Qualitäten im Vergleich zu kontrollierendem Lehrerverhalten fördern sowie motivationalen Differenzen im Biologieunterricht entgegenwirken kann. Darüber hinaus stellte sich in diesen Studien heraus, dass ein autonomieförderliches Lehrerverhalten eine zentrale Rolle für die Wahrnehmung von Kompetenz im Biologieunterricht sowie die motivationale Wirksamkeit strukturierender Maßnahmen am außerschulischen Lernort spielt.
Obwohl praktizierenden Lehrpersonen häufig didaktisch-methodische Fertigkeiten fehlen, um dem anfangs beschriebenen Trend entgegenzuwirken, finden evaluierte Konzepte zur Motivationsförderung ihren Weg in die Praxis bislang nicht. Hierzu zählt auch die im ersten Forschungsdesiderat evaluierte Autonomieförderung im Sinne der Selbstbestimmungstheorie. Einer Autonomieförderung gegenüber sind Lehrpersonen zumeist negativ eingestellt. Vielmehr neigen sie dazu, ihre Schülerinnen und Schüler im Unterricht zu kontrollieren. Um einen Transfer der vorliegenden Befunde in die Praxis zu ermöglichen und positive Haltungen gegenüber einer Autonomieförderung möglichst frühzeitig aufzubauen, wurde eine Autonomieförderung im zweiten Forschungsdesiderat aus der Perspektive der universitären Lehramtsausbildung im Fach Biologie betrachtet. Auf der Grundlage der Selbstbestimmungstheorie wurde hier eine Intervention für Lehramtsstudierende zur Vermittlung autonomieförderlicher Unterrichtsmaßnahmen entwickelt und evaluiert. In der Evaluation dieser Intervention konnte ein positiver Einfluss auf drei Variablen bestätigt werden, die für eine erfolgreiche Anwendung neuer Maßnahmen im Unterricht wesentlich sind: das Wissen der Studierenden über eine Autonomieförderung, ihre Überzeugungen bezüglich der einfachen Implementation und der Effektivität dieser Förderung sowie ihre Intention, autonomieförderlich im Unterricht zu agieren.
Betreuer*innen | Prof. Dr. Claas Wegner |
Fakultät/Arbeitsbereich | Fakultät für Biologie, Biologiedidaktik (Botanik und Zellbiologie) |
Datum der Disputation | 11.07.2019 |
Link zur Veröffentlichung | https://pub.uni-bielefeld.de/download/2937093/2937094/Dissertation_Ohlberger_2019.pdf |
Link zur eigenen Homepage | https://www.uni-bielefeld.de/biologie/Didaktik/BotZell/ozhb/forschung-bilinguale-module.html |
Bilingualer Unterricht in Deutschland – zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich auf eine langanhaltende Erfolgsgeschichte zurückblicken, die insbesondere im letzten Jahrzehnt enormen Aufschwung erfahren hat. Vorteile für Schülerinnen und Schüler durch den bilingualen Unterricht (im europäischen Kontext bekannt als Content and Language Integrated Learning, kurz: CLIL) sind hinlänglich bekannt und seit etwa 20 Jahren auch umfangreich evaluiert. Dabei ging man jedoch meist auf den sprachlichen Nutzen ein, bevor auch der inhaltliche Zugewinn im Bereich der Sachfächer im Fokus stand. Über lange Zeit hinweg wurden Metaphern wie „‘two for the price of one’ and the ‘added value of CLIL’” (Bonnet, 2012b, S. 66) als eine Art Werbeslogan für das Unterrichtskonzept genutzt, ohne über die notwendige Evidenz aus Forschungssicht zu verfügen. Bonnet (2012b) mahnt daher an, nicht blind dem Optimismus zu verfallen, den der bilinguale Unterricht versprüht (Bonnet, 2012b, S. 66). Erst seit kurzem stehen auch emotional-affektive Faktoren im Mittelpunkt der bilingualen Schulforschung, die dadurch insbesondere die Eignung von bilingualem Unterricht für verschiedene Schüler und Schulformen in den Blick nimmt. Die vorliegende Arbeit, eine quasi-experimentelle Fragebogenstudie im eigens gegründeten Projekt bi(o)lingual, knüpft an diesem Punkt an, denn sie kombiniert die Untersuchung der motivationalen Veränderungen mit einer Evaluation der Selbstwirksamkeit und Sprachangst der Schüler. Das Setting ist nicht wie üblich in den bilingualen Profilklassen, sogenannten Zügen bzw. Zweigen, angelegt, sondern nimmt eine deutlich heterogenere Schülergruppe (n = 241) im Biologieunterricht der 10. Jahrgangsstufe in den Blick. Um vergleichende Aussagen treffen zu können, wurden zudem Schüler aus bilingualen Zweigen (n = 89) in die Erhebungen einbezogen. Dieser Aspekt berücksichtigt die Limitationen anderer Studien, die durch die explizite Beforschung bilingualer Zweige die Entstehung des creaming effect (Küppers & Trautmann, 2013; Rumlich, 2016) gefördert haben. Damit ist gemeint, dass in diesen Kursen oftmals die sowieso schon motivierten und sprachbegabten Schüler zu finden sind, die sich durch den bilingualen Unterricht hinsichtlich sprachlicher und fachlicher Kompetenzen noch weiter von monolingual unterrichteten Vergleichsgruppen abheben. In der vorliegenden Studie wurden deshalb Schüler ohne bilinguale Unterrichtserfahrung in der sogenannten Modulform, also einer kurzen bilingualen Einheit, in Biologie unterrichtet. Die Intervention wurde mittels Fragebögen im Pre-Post-Follow-up-Design bezüglich motivationaler Veränderungen sowie Variationen in der schulischen Selbstwirksamkeit und der Sprachangst im Englischen analysiert.
Betreuer*innen | Prof. Dr. Claas Wegner, Prof. Dr. Oliver Böhm-Kasper |
Fakultät/Arbeitsbereich | Fakultät für Biologie, Biologiedidaktik (Botanik und Zellbiologie) |
Datum der Disputation | 04.07.2019 |
Link zur Veröffentlichung | https://pub.uni-bielefeld.de/download/2936358/2936518/Dissertation_Schmiedebach.pdf |
Link zur eigenen Homepage | https://www.uni-bielefeld.de/biologie/Didaktik/BotZell/ozhb/projekte-biology-everyone.html |
Aufgrund aktueller politischer Entwicklungen hat sich die Zahl der neuzugewanderten Schüler*innen [1] im deutschen Bildungssystem in den letzten Jahren stark erhöht (vgl. BAMF 2018: 3) und das Bildungssystem steht vor der Herausforderung, diese Gruppe an Kindern und Jugendlichen in ihrem Deutscherwerb systematisch zu fördern und ihre Integration in das deutsche Schulsystem zu ermöglichen (vgl. Meisterfeld 2016: 1). Um dies zu realisieren wurden an vielen Schulen spezielle Klassen – so genannte „internationale Klassen“, „Willkommensklassen“, „Sprachfördergruppen“ usw. – für die neuzugewanderten Schüler*innen eingerichtet. Der unterrichtliche Fokus liegt in diesen Klassen auf dem Spracherwerb, sodass dort ein hoher Stundenumfang an Deutschunterricht erteilt wird (vgl. Blumberg & Niederhaus 2017: 52); doch neben Sprachkompetenzen ist für den schulischen Erfolg auch die Vermittlung von Fachwissen essentiell, um keine unüberbrückbaren Wissenslücken bei diesen Lernenden entstehen zu lassen und sie auf die Anforderungen des Regelunterrichts vorzubereiten (vgl. Birnbaum et al. 2018: 247). Die Schlussfolgerung daraus ist, dass neben Sprach- auch Fachunterricht in diesen Klassen erteilt werden sollte.
Blumberg und Niederhaus (2017) sprechen dem handlungsorientierten Arbeiten besonderes Potenzial im Hinblick auf Sprachförderung, Selbstbewusstsein und Motivation zu (vgl. Blumberg & Niederhaus 2017: 54), weswegen der Naturwissenschaftsunterricht für solche „internationale Klassen“ im Rahmen der vorliegenden Dissertation untersucht wird. Um dies zu ermöglichen, wurde das Projekt „Biology for Everyone“ entwickelt (Manuskript I), an zwei Partnerschulen in den internationalen Klassen etabliert und in einer qualitativen Längsschnittstudie evaluiert (Manuskript II, III und IV). In leitfadengestützten Interviews werden die Schüler*innen zu drei Zeitpunkten zu deren wahrgenommenen Schulalltag und deren Einstellung zum Naturwissenschaftsunterricht im Projekt befragt. Zudem wurden in einer quantitativen Erhebung die Emotionen im Projektunterricht untersucht (Manuskript V), um Rückschlüsse bzgl. des Projektkonzept zu ziehen. Des Weiteren wurde im Sinne einer Mixed-Methods Studie nach dem exploratory design (vgl. Creswell & Plano Clark 2011: 73f.) ausgehend von den Erkenntnissen aus den ersten beiden Interviewstudien ein Fragebogen entwickelt und in einer ersten Erhebung pilotiert. Dieser stellt vor allem die unterschiedlichen emotionalen Empfindungen im Regelunterricht und in der internationalen Klasse gegenüber (N=81, Manuskript VI).
Die Bewertung des Unterrichts sowie des Projektkonzepts anhand der subjektiven Wahrnehmung der Schüler*innen ist über alle drei Erhebungen hinweg stets positiv (Manuskript II, III und IV). Die Handlungsorientierung ermöglicht den Lernenden ein einfacheres Verständnis der neuen Fachinhalte und ein fachtypischer Wortschatz wird erworben (Manuskript II). Auf emotionaler Ebene überwiegen die positiven Affekte im Fachunterricht des Projekts, wobei themenspezifische Unterschiede messbar sind (Manuskript V). Im direkten Vergleich tendieren Unterrichtseinheiten mit viel Handlungsorientierung dazu, höhere positive Affekte auszulösen, was in weiteren Studien jedoch noch tiefgehender untersucht werden muss. Die ausgewählten Unterrichtsinhalte sind Bestandteil des naturwissenschaftlichen Kernlehrplans, sodass die Lernenden für den Regelunterricht sprachliche und fachliche Hilfen durch das Projekt wahrnehmen (Manuskript III). Dennoch werden viele Hürden beim Übergang ins Regelsystem von den Neuzugewanderten wahrgenommen, wie etwa Sprachbarrieren, Sprechangst, Langeweile und Frustration (Manuskript III). Die Ergebnisse der Fragebogenstudie (Manuskript VI) zeigen, dass die neuzugewanderten Schüler*innen im Regelunterricht frustrierter und gelangweilter sind sowie eine höhere Sprechangst aufweisen. Zudem ist das Interesse an Biologie bei den Schüler*innen des Projekts signifikant höher als bei der Vergleichsgruppe, was die positive Evaluation des Unterrichts unterstützt. In der abschließenden Interviewstudie wird die bisherige Beschulung und die Teilnahme an „Biology for Everyone“ von den Lernenden retrospektiv betrachtet (Manuskript IV). Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Naturwissenschaftsunterricht der Regelklasse nach der Teilnahme am Projekt als einfacher wahrgenommen wird und die Sprechangst dort eine geringere Ausprägung hat als in anderem Fachunterricht.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Implementation des Projekts erfolgreich verlief. Über einen Zeitraum von 2,5 Jahren wurde der Unterricht durchweg positiv evaluiert und als hilfreich für die Teilhabe am Regelunterricht wahrgenommen. Dies lässt vermuten, dass Fachunterricht in diesen Vorbereitungsklassen sinnvoll ist und auch auf weitere Fächergruppen, wie z. B. die Gesellschaftswissenschaften, angewandt werden sollte. Bei der Integration in den Regelunterricht sehen sich die Neuzugewanderten mit einer Vielzahl an Problemen konfrontiert; dennoch wird die frühe (Teil-)Integration in das Regelsystem von den Proband*innen als positiv bewertet, da dadurch der Spracherwerb gefördert, Abläufe des deutschen Bildungssystem kennengelernt und die Chancen auf einen Bildungsabschluss erhöht werden.
[1] Bei allen Bezeichnungen, die auf Personen bezogen sind, meint die gewählte Formulierung alle Geschlechter. Im Sinne der besseren Lesbarkeit wird bei zusammengesetzten Wörtern jedoch lediglich die männliche Form verwendet, obgleich diese Formulierungen geschlechtsunabhängig zu verstehen sind (z. B. Schülergruppe, anstatt Schüler*innengruppe). Sofern möglich werden geschlechtsneutrale Bezeichnungen verwendet (z. B. Lehrperson anstatt Lehrer*in).
Betreuer*innen | Prof. Dr. Holger Ziegler, Prof.in Dr. Birgit Lütje-Klose |
Fakultät und Arbeitsbereich | Fakultät für Erziehungswissenschaft |
Datum der Disputation | 29.04.2019 |
Link zur Veröffentlichung | https://pub.uni-bielefeld.de/download/2936393/2936394/Dissertation_Hopmann_2019.pdf |
Link zur eigenen Homepage | https://www.hf.uni-koeln.de/40818 |
Vor dem Hintergrund des im Rahmen der SGB-VIII-Reform forcierten Vorhabens einer ‚Inklusiven Lösungʻ, die auf die Gesamtzuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe für alle Kinder und Jugendlichen mit und ohne Behinderung abzielt, wird in der Dissertation die ‚Inklusivitätʻ des Reformvorhabens beleuchtet. Es wird die Frage aufgeworfen, was Inklusion für die Kinder- und Jugendhilfe mit Blick auf das maßgeblich im Fokus der Debatte stehende Handlungsfeld der Hilfen zur Erziehung überhaupt bedeuten kann und soll. Denn Inklusion scheint im SGB VIII-Reformprozess maßgeblich als behinderungsspezifische Angelegenheit ausgewiesen zu werden und wird überwiegend als administrativ-juristische Debatte über die Zusammenlegung von Rechtskreisen geführt. Zur theoretisch-konzeptionellen Klärung der Forschungsfrage werden zunächst verbreitete Inklusions- und Exklusionsdiskurse auf ihre Vorzüge und Blindstellen hin analysiert. Es zeigt sich, dass diese bislang weitestgehend getrennt voneinander geführt werden und inhaltlich unterbestimmt sind. Daher fehlt es insgesamt an einem umfassenderen Verständnis von Inklusion und einer gemeinsamen Informationsbasis. Angesichts des grundlegenden Bedarfs an einer theoretisch-konzeptionellen Auseinandersetzung über Inklusion in den Hilfen zur Erziehung wird dargelegt, dass und inwiefern sich der Capabilities-Ansatz nach Nussbaum als normativer und evaluativer Bezugsrahmen zur Theoretisierung von Inklusion in den Hilfen zur Erziehung heranziehen lässt und eine Pädagogik der Befähigung zu begründen vermag. Um die empirische Anwendbarkeit und theoretisch-konzeptionelle Erhärtung des Ansatzes voranzutreiben, wird die entworfene capabilities-basierte Inklusionsperspektive mit einer, auf der Grundlage empirischer Daten generierten, gegenstandsorientierten Theorie des Untersuchungsgegenstands der Hilfen zur Erziehung verknüpft. Dazu wurden qualitative Expert*inneninterviews (N=15) mit, dem Handlungsfeld der erzieherischen Hilfen zuordenbaren, professionellen Akteur*innen geführt und theoriegenerierend ausgewertet. Es wird herausgearbeitet, dass und in welchen Punkten die capabilities-basierte Inklusionsperspektive die gegenwärtige Inklusionsdebatte in weiten Teilen als unzureichend dechiffriert. Vor diesem Hintergrund wird eine Neujustierung der Zielperspektiven von Inklusion für die Hilfen zur Erziehung im Sinne einer Pädagogik der Befähigung vorgeschlagen.