In der Wissenschaftsforschung geht es um die systematische Analyse von Wissenschaft in ihrer historischen Entwicklung, ihrem methodischen Rahmen und ihrem sozialen Kontext. Bei der Untersuchung der historischen, epistemischen, sozialen und kulturellen Merkmale von Wissenschaft verwenden wir am ISoS den Ausdruck Wissenschaft in einem umfassenden Sinne, der sogar die weite Bedeutung des deutschen Begriffs „Wissenschaft“ übersteigt. Die Forschung am ISoS umfasst daher die Natur-, Lebens- und Medizinwissenschaften ebenso wie die Sozialwissenschaften und die Geisteswissenschaften und schließt medizinische Praxis, Technik und Ingenieurswissenschaften mit ein. Diese Entscheidung basiert auf der Erkenntnis, dass wissenschaftliche Aktivitäten vielfältig sind, dass es keine scharfe und zeitlose Abgrenzung zwischen ihren Feldern gibt und dass ihr gegenseitiger Einfluss sowie ihr gemeinsamer Einfluss auf die Gesellschaft erheblich und weitreichend ist.
Die Mitglieder des ISoS sind durch ihr gemeinsames Interesse an der Integration der reflexiven Disziplinen verbunden, die sich mit Wissenschaft, Technik und Medizin auseinandersetzen. Zu diesen reflexiven Disziplinen gehören im Kontext des ISoS die Geschichtswissenschaft, Philosophie, Soziologie und Politikwissenschaft. Die Forschung am ISoS zeichnet sich durch einen intensiven Austausch zwischen den beteiligten reflexiven Disziplinen aus und beruht auf der Überzeugung, dass viele Fragen zu Wissenschaft nur aus übergreifenden und gemeinsamen Perspektiven beantwortet werden können.
Sowohl national als auch international geht der integrative Ansatz des ISoS über das übliche Spektrum der beteiligten Disziplinen hinaus, da an den meisten einzelnen Einrichtungen typischerweise nur zwei Disziplinen kombiniert werden (z. B. History and Philosophy of Science oder Social Epistemology).
Unser Programm basiert auf einer interdisziplinären Arbeitsweise, bei der wir nicht nur über Wissenschaft reflektieren, sondern auch aktiv mit Wissenschaftler*innen zusammenarbeiten. Der interdisziplinäre Ansatz ist für die Wissenschaftsforschung wichtig, um Einblick in die tatsächliche Praxis der Wissenschaft zu gewinnen. Er ist zudem entscheidend, damit die Wissenschaftsforschung Wirkung auf Wissenschaft hat und für praktizierende Wissenschaftler*innen, Ingenieur*innen und Mediziner*innen relevant und nützlich ist. Ein Teil der Forschung am ISoS ist daher durch einen Ansatz geprägt, der Philosophie, Geschichte und Soziologie in der Wissenschaft verbindet, indem reflexive Fragestellungen, die in den Wissenschaften entstehen, aufgegriffen und Wissenschaftler*innen bei der Lösung wissenschaftlicher Probleme unterstützt werden.
Ein großer Teil der Forschung am ISoS untersucht die Wissenschaft in der Gesellschaft. Wir entwickeln daher einen transdisziplinären oder immersiven Ansatz, der relevante gesellschaftliche Akteure in unsere Wissenschaftsstudien einbezieht.
Das wissenschaftliche System ist ein entscheidender Teil der Gesellschaft, und Wissenschaft und Gesellschaft sind auf vielfältige Weise miteinander verflochten. Darüber hinaus sind sozial-politische Dimensionen ein unabdingbarer Bestandteil der Wissenschaft selbst. Indem wir die Wechselbeziehungen zwischen Wissenschaft und Gesellschaft reflektieren, strebt unsere Forschung an, gesellschaftlich relevant zu sein und einen Beitrag zur Bewältigung der Herausforderungen zu leisten, denen die Gesellschaft gegenübersteht.