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Bielefeld School of Education – BiSEd

Bielefelder Lehrer*innenbildung

© Universität Bielefeld

Die subjektive Wahrnehmung von Anforderungen im Praxissemester und deren Verbindung zu beruflichen Entwicklungsaufgaben

Studierende: Julia Schweitzer

Betreuende*r Dozent*in: Dr. Anne Köker

Studiengang: GymGe

Studienprojektvariante: Forschende Auseinandersetzungen mit biographischen Zugängen und/oder eigenem Professionalisierungsprozess

Methodische Umsetzung: qualitativ

Forschungsfrage

Welche Anforderungen des beruflichen Handlungsfeldes wurden im Praxissemester subjektiv als herausfordernd erlebt? Inwiefern lassen sich diese Anforderungen den von Hericks (2006) identifizierten Entwicklungsaufgaben zuordnen?

Die Forschungsrichtung der "Bildungsgangforschung" fragt u.a. nach den Handlungsanforderungen eines Feldes und wie sich diese in Biographien von Menschen niederschlagen. Dabei wird in dem Studienprojekt theoretisch auf die "Entwicklungsaufgaben von Lehrkräften in der Berufseingangsphase" und deren subjektiven Erleben und Bewältigen zurückgegriffen (vgl. Hericks 2006; Keller-Schneider 2010).

Die Grundlage für die Untersuchung stellte ein Lerntagebuch dar, in dem während des Praxissemesters jeden Tag das subjektive Erleben von Situationen festgehalten wurde. Mittels einer qualitativen strukturierenden Inhaltsanalyse (vgl. Mayring 2010) wurde zunächst das gesamte Tagebuchmaterial kategorisiert. Dann wurden diejenigen Textpassagen, die der Thematik Anforderungen/Herausforderungen zugeordnet wurden, mittels einer induktiven qualitativen Inhaltsanalyse näher untersucht.

Es wurden 69 Anforderungen identifiziert, die aus subjektiver Sicht als herausfordernd erlebt wurden. Diese konnten zu fünf Oberkategorien zusammengefasst werden, die jeweils unterschiedliche Aspekte des beruflichen Handlungsfeldes widerspiegeln. Die erlebten Anforderungen beziehen sich auf den Unterricht, auf die Beziehung zu anderen Akteuren, auf die Institution Schule bzw. die Rahmenbedingungen, auf die Selbstorganisation und auf die eigene Persönlichkeit. Die darüber hinaus angestrebte Zuordnung zu den von Hericks (2006) identifizierten Entwicklungsaufgaben war größtenteils möglich, wobei in Hericks Ausarbeitung der Fokus auf dem Verhältnis von Lehrer-Schüler-Stoff liegt und andere Anforderungen der Berufseinstiegsphase, wie hier beispielsweise die Beziehung zu den anderen Lehrerinnen und Lehrern oder die Ebene der Unterrichtsdurchführung, eher eine untergeordnete Rolle innerhalb der von Hericks dargelegten Entwicklungsaufgaben spielen. Die vorgenommene Analyse der subjektiven Herausforderungen kann einen Beitrag zum zukünftigen Bewältigungshandeln und der Entwicklung von aufgabenbezogenen Coping-Strategien leisten.

Insgesamt bewerte ich das Tagebuchschreiben als große persönliche Bereicherung schon während des Praxissemesters, da ich meine Erfahrungen so fixieren und allein dadurch schon eine (selbstkritische) Distanz schaffen konnte (vgl. Fischer/Bosse 2013: 875f.). Allerdings hat der ‚Zwang’ für die Eintragungen durchaus phasenweise eine zeitliche und psychische Belastung dargestellt (vgl. Rausch et al. 2012: 183), da ich den zeitlichen Abstand zwischen dem Erlebten und der Eintragung möglichst gering halten wollte, dies manchmal aber einfach nicht in den Tagesablauf gepasst hat. Auch wenn ich versucht habe, mich an die Empfehlung der maximalen Erhebungsdauer pro Tag von fünf bis sieben Minuten (vgl. ebd.: 189 nach Reis/Gable 2000) zu halten, habe ich für viele Einträge doch länger als 15 Minuten gebraucht, da ich gleichzeitig nochmal über das Erlebte nachgedacht habe. Verbunden mit dem sehr langen Erhebungszeitraum schwand gegen Ende der Aufzeichnungen dann etwas die Motivation für die wirklich täglichen Eintragungen. Das Vorgehen, die Eintragungen thematisch völlig offen zu halten, hat meiner Ansicht nach den großen Vorteil, dass die Fragestellung der Untersuchung auf diese Weise aus dem Material heraus entwickelt werden kann und so für die persönliche Entwicklung von großem Nutzen ist. Die Auswertungsmethode der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2010) war für die hier vorliegende Fragestellung nach meiner Ansicht sehr geeignet, da die große Daten- menge durch das regelgeleitete Vorgehen gut bewältigt werden konnte.

Fischer, Dietling/ Bosse, Dorit (2013): Das Tagebuch als Lern- und Forschungsinstrument. In: Friebertshäuser, Barbara/ Langer, Antje/ Prengel, Annedore (Hrsg.): Handbuch qualitative Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft. 4., durchges. Aufl. Weinheim u.a.: Beltz/Juventa, S. 871-886.

Hericks, Uwe (2006): Professionalisierung als Entwicklungsaufgabe. Rekonstruktionen zur Berufseingangsphase von Lehrerinnen und Lehrern. Wiesbaden: VS.

Keller-Schneider, Manuela (2010): Entwicklungsaufgaben im Berufseinstieg von Lehrper-sonen. Beanspruchung durch berufliche Herausforderungen im Zusammenhang mit Kon- text- und Persönlichkeitsmerkmalen. Münster: Waxmann.

Mayring, Philipp (2010): Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. 11., aktual. u. erweit. Aufl. Weinheim u.a.: Beltz

Rausch, Andreas/ Kögler, Kristina/ Laireiter, Anton-Rupert (2012): Tagebuchverfahren zur prozessnahen Datenerhebung in Feldstudien – Gestaltungsparameter und Anwendungsempfehlungen. In: Empirische Pädagogik, 2, S. 183-199.

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