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    © Jastine Konermann
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Alter Schwede – Tempel jetzt auch im hohen Norden

Tempel Strängnäs bei Sonnenuntergang

Schweden. Wer denkt da nicht direkt an endlose Wälder, glasklare Seen, Pippi Langstrumpf, Zimtschnecken und Tempel?

Tempel? Ja, genau Tempel!

Denn in Schweden kann es durchaus passieren, dass man nichtsahnend an einem zugefrorenen See oder einer Reihe blühender Fliederbüsche herspaziert und sich über den bunten Holzhäusern dann plötzlich ein Tempel erhebt. Gut, es ist kein steinerner Tempel, wie man ihn vielleicht aus dem Tal der Tempel in Agrigent kennt, und er ist auch etwas kleiner als der Parthenon in Athen. Aber da steht eindeutig ein kleiner, hölzerner Tempel vor euch. Natürlich aus Holz und natürlich bunt – wir sind hier ja immer noch in Schweden –, aber eins steht fest: Es ist ein Tempel.

Tempel Strängnäs

Dieser kleine rosafarbene Tempel befindet sich in der schwedischen Kleinstadt Strängnäs (in der übrigens auch der Dom, in dem Gustav Vasa vor 500 Jahren gekrönt wurde, steht). Der Ekotempel, wie er genannt wird, stammt natürlich nicht aus der Antike[1], sondern wurde 1818 als lusthus, eine Art Gartenlaube, und Ausflugsziel errichtet. Danach wurde dieser mal als Restaurant, mal für große Feste, mal als Schreibstube verwendet und stand dann eine Zeit lang leer. Nach einem Brand 1988 wurde der Tempel neu errichtet und kann heute für Events gemietet werden.

Glasstemplet Örebro

Und der Strängnäser Tempel ist keineswegs ein Einzelfall. Schauen wir zum Beispiel nach Örebro. Hier findet sich – und das ist eindeutig mein Highlight! – der Glass Templet. 'Glass' (ausgesprochen mit kurzem A) hat dabei rein gar nichts mit unserem deutschen Wort 'Glas' zu tun, sondern bedeutet: Eis.  Ja, genau, der Tempel in Örebro ist heute eine Eisdiele. Errichtet wurde er in den 1830er Jahren und auch er wurde leider durch ein Feuer komplett zerstört. 2010 wurde er neu errichtet und ist im Park Sommaro zu bestaunen – samt Eisdiele.

Wenn man die Augen ein wenig offenhält, findet man sie überall: kleinere und größere Tempel, aus Holz oder Stein, Säulen, die Fassaden und Pavillons zieren. Manchmal sehen sogar die kleinen Holzhütten am Wasser aus wie winzige Tempel. Hier sind nur ein paar Beispiele:

Tempel in Stockhom (Stadt und Schären)
Römische Rüstung, die Karl XI bei seiner Thronbesteigung als Ritter des Jahres trug (livrustningkammar Stockholm)

Doch eine Frage bleibt noch offen: Was machen all diese Tempel hier oben im Norden? Schweden ist schließlich nicht unbedingt für seine blühenden römischen Provinzen bekannt.

Allerdings gab es zu Zeiten der Römer und Römerinnen durchaus Handelskontakte mit der skandinavischen Bevölkerung. Und diese waren keine Einzelfälle – ganz im Gegenteil.  Funde beweisen, dass Waren und der Lebensstil der Großmacht am Mittelmeerraum im hohen Norden ziemlich populär waren. So wird die Epoche von 0 bis 400 nach Christus in Schweden sogar römische Eisenzeit genannt.

Wie in ganz Europa blieb der Einfluss der Antike, sei es nun als Lingua Franca in Bildung und Kirche, sei es als Leitbild für Literatur und Kunst, in Schweden bestehen. Besonders im französischen Klassizismus, ungefähr 1600 –1700 (1626 trug Karl XI zu seiner Thronbesteigung sogar eine römische Rüstung!), und im Neoklassizismus, ungefähr im 19. Jahrhundert, wurde die Antike in Schweden wieder populär – kein Wunder also, dass gerade in dieser Zeit unsere zwei Holztempel erbaut wurden.

Tempel Strängnäs

Bis ins 19. Jahrhundert war Latein das wichtigste Schulfach (hört, hört!), bis durch eine Schulreform dessen Bedeutung stark verringert wurde (Buh!). Heute kann Latein freiwillig in der Oberstufe gewählt werden (nur im humanistischen Ausbildungsprogramm ist es obligatorisch). Wirklich populär ist es seitdem nicht mehr; in den letzten Jahren hatten 1500 bis 2000 SchülerInnen das Fach – in ganz Schweden.

Nichtsdestoweniger bleibt der Einfluss der Antike bis heute in Schweden sichtbar und so gehören die kleinen und großen Tempel genauso zu Schweden wie die bunten Holzhäuser, endlose Wälder und Zimtschnecken.

 

[1] Wenn von “Antike” gesprochen wird, ist in diesem Text die griechische und römische Antike gemeint.

 

Quellen:

Historisk Museum: Forntider. https://historiska.se/utstallningar/forntider/

Janson, Tore: latin. In: Nationalencyklopedin. http://www.ne.se/uppslagsverk/encyklopedi/lång/latin  (aufgerufen: 2023-05-31)

Livrustningskammar: Utställningen om Sveriges kungliga historia. https://livrustkammaren.se/museet-om-sveriges-kungliga-historia/utstallningar/utstallningen-om-sveriges-kungliga-historia/

Wiman, Ingela; Blomqvist, Jerker: antiken. In: Nationalencyklopedin. http://www.ne.se/uppslagsverk/encyklopedi/lång/antiken (abgerufen: 2023-05-31)

 

Text: Jastine Konermann mit Unterstützung von Dorit Funke und Jenny Teichreb

Bilder: Jastine Konerman


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