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  • Interdisziplinäres Zentrum für Geschlechterforschung (IZG)

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Dissertation:

Realitätskonstruktionen gewaltbetroffener Frauen und ihre Bedeutung für Prävention, Intervention und Unterstützungsbedarfe. Eine qualitativ-empirische Untersuchung anhand von Fokusgruppendiskussionen

Aus einer sozialkonstruktivistischen Perspektive wurde im Rahmen einer qualitativen Studie anhand von Gruppendiskussionen mit gewaltbetroffenen Frauen der Zusammenhang von Geschlecht, Gewalt, Macht und Herrschaft analysiert und die Frage fokussiert, wie Frauen zu Objekten/Opfern der Gewalt werden. Mit dem Ziel einer theoretischen Überwindung von Opferkonstruktionen ohne Relativierung des Gewalterleidens, wird der Blick auf die der Gewalt zugrunde liegenden kulturellen Skripte und auf die Bedingungen der Möglichkeit von Gewalt gegen Frauen als Normalität geworfen.

Auf der Basis der Erarbeitung eines theoretischen Bezugsrahmens, der sozio- und psychogenetische Ansätze verbindet und neben geschlechtertheoretischen, macht- und herrschaftstheoretischen Ansätzen auch anerkennungstheoretische Ansätze heranzieht, wird eine integrative theoretische Perspektive der Verleiblichung von Herrschaft konzipiert. Diese ermöglicht es, das Wechselverhältnis von symbolischer bzw. sozialer Ordnung, sozialem Handeln und Subjekten zu fokussieren. In der qualitativen Analyse, in der in Anlehnung an die dokumentarische Methode über eine Rekonstruktion der Handlungsorientierungen gewaltbetroffener Frauen eine Analyse ihrer Realitätskonstruktionen und Subjektpositionen erfolgt, wird der Kampf gewaltbetroffener Frauen um Anerkennung deutlich. Durch die Verleiblichung von Herrschaft wird dieser jedoch begrenzt: Die Frauen übernehmen Subjektpositionen, die sich zwischen Opferpositionen und Widerstandskraft, zwischen einem fremden und einem eigenen Begehren, zwischen Selbst- und Fremdbestimmung und zwischen Handlungsmachtlosigkeit und Handlungsmacht bewegen.

Die Analyse konnte einerseits Prozesse aufzeigen, die an der Herstellung herrschaftsstabilisierender Subjektpositionen entscheidend mitwirken, nämlich Prozesse der Verweigerung von Anerkennung, der Verhinderung eines sexuellen Subjektstatus für Frauen, der Verweigerung von Definitionsmacht, der Normalisierung von Gewalt sowie der Konstruktion von Realität mithilfe kultureller Deutungsmuster für Gewalt und für das eigene Handeln. Andererseits ließ die Analyse weitreichende Schlussfolgerungen für die Bedingungen der Möglichkeit von Widerstand und damit für eine symbolische Revolution zu. Hier wurden Ansätze erarbeitet, die es ermöglichen, dass Frauen zu einem Rechtssubjekt bei gleichzeitiger Bedürftigkeit, zu einem sexuellen Subjekt als auch zu einem Subjekt der (Widerstands-) Gewalt werden.

Laufzeit: 2005 – 2009

Beteiligte Wissenschaftlerinnen: Dr. Sandra Glammeier (Promotionsstipendium der Heinrich-Böll-Stiftung 2006 – 2008); Gutachterinnen: Prof. Dr. Carol Hagemann-White, Universität Osnabrück, Fachbereich Erziehungs- und Kulturwissenschaften; Prof. Dr. Ursula Müller, Universität Bielefeld, Fakultät für Soziologie; Prof. Dr. Katharina Gröning, Universität Bielefeld, Fakultät für Erziehungswissenschaft

Veröffentlichung: Glammeier, Sandra (2010): Zwischen verleiblichter Herrschaft und Widerstand. Realitätskonstruktionen und Subjektpositionen gewaltbetroffener Frauen im Kampf um Anerkennung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften


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