zum Hauptinhalt wechseln zum Hauptmenü wechseln zum Fußbereich wechseln Universität Bielefeld Play Search
  • Interdisziplinäres Zentrum für Geschlechterforschung (IZG)

    © Universität Bielefeld

Forschungsprojekt:

Berufsfindung im Prozess: Wie tragfähig ist die Studien- und Berufswahl. Eine Längsschnittstudie über biographische Verläufe und Orientierungsprozesse von jungen Frauen und Männern nach dem Abitur

Berufsfindung wird heute nicht mehr als punktuelle Entscheidung („Berufswahl“) verstanden, sondern als ein langfristiger biographischer Prozess, der sich über die Adoleszenz in das junge Erwachsenenalter – und zum Teil noch darüber hinaus – hinzieht. Berufsfindung befindet sich dabei im Spannungsfeld verschiedener Einflussfaktoren: Bildungshintergrund, soziales Umfeld, Geschlecht, aber auch institutionelle Beratungs- und Informationsangebote, Lebensziele und -pläne sowie Einstellungen, Kompetenzen und nicht zuletzt die Chancen und Risiken des Arbeitsmarktes prägen die individuellen Biografieverläufe. Die Berufsfindung ist ein komplexer Prozess – und nicht wenige junge Erwachsene fühlen sich dieser Komplexität nicht gewachsen und treffen für sie ungünstige oder wenig tragfähige Entscheidungen, wie u.a. die hohen Abbrecherquoten im Studium und bei den betrieblichen Ausbildungen zeigen.

Das Projekt „Berufsfindung im Prozess“ hatte sich zum Ziel gesetzt, günstige Strategien im Umgang mit der Berufsfindung zu identifizieren und die tatsächlich hilfreichen Unterstützungs- und Orientierungsangebote herauszufiltern. Dazu wurde der 2002 mit 58 AbiturientInnen begonnene Längsschnitt – vier Jahre nach dem Abitur – fortgesetzt.

Deutlich wurde, dass den Befragten durchaus bewusst ist, dass sie lediglich einen „Startberuf“ wählen und keine Entscheidung für das gesamte Leben treffen. Dadurch entstehen flexible Übergangsmuster, bei denen der Eintritt ins Berufsleben nicht an einem bestimmten Punkt vollzogen wird, sondern in Etappen vorgeht – und manchmal eben auch rückgängig gemacht wird. Unterstützung in diesem Prozess suchen (und finden) die jungen Erwachsenen insbesondere in ihrem sozialen Nahbereich. Herkunftsfamilie, Freunde und Partner sind wichtige Diskussionspartner, mit denen verschiedene Alternativen durchgespielt werden. Die Befragten sehen den größten Beratungsbedarf im Bereich der Selbstexploration: Sie wünschen sich ein Feedback über ihre individuellen Stärken und Schwächen und darüber, welche Berufe zu ihnen passen. Weit weniger bedeutsam sind reine Sachinformationen, die die Befragten meist leicht zugänglich im Internet finden. Bei der Frage nach der Nutzung von Personen und Institutionen, die bei der Entscheidungsfindung geholfen haben, stehen die Eltern an erster Stelle, gefolgt vom Praktikum in der Schulzeit und anderen Angeboten der Schule. Freunde und Internet sind ebenfalls wichtige Entscheidungshelfer. Das Internet schneidet bei der Bewertung durch die Befragten als besonders hilfreich ab und auch die Eltern werden als sinnvolle Unterstützung angesehen. Die Angebote der Schule (bis auf die persönliche Beratung durch LehrerInnen) und die der Arbeitsagentur werden – auch mit zeitlichem Abstand – sehr kritisch beurteilt.

Bei der Nennung privater und beruflicher Ziele stehen persönliche und berufliche Ziele an erster Stelle. In der hohen Bewertung privater Ziele sind sich Männer und Frauen weitgehend einig, wenngleich die weiblichen Befragten Partnerschaft, Kinder und einen festen Arbeitsplatz häufiger nannten als die Männer, während für Männer eine Führungsposition einen größeren Anreiz darstellt. Die Bewertung verschiedener Lebensziele und von Aussagen zur Planung macht deutlich, dass sich die Einstellungen im Laufe des jungen Erwachsenenalters verändern und – entsprechend den gemachten Erfahrungen – flexibel an aktuelle Bedürfnisse angepasst werden. Zwar gibt es kaum grundlegende Umwälzungen, aber es sind doch Prioritätenverschiebungen zu beobachten, die einen maßgeblichen Einfluss auf die zu treffenden Entscheidungen haben.

Laufzeit: 11.2005 – 12.2006

Finanzierung: Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Land NRW

Beteiligte Wissenschaftlerinnen: Prof. Dr. Mechtild Oechsle, Dr. Helen Knauf

Veröffentlichungen: Oechsle, Mechtild; Knauf, Helen; Maschetzke, Christiane & Rosowski, Elke (2009): Abitur und was dann? Berufliche Orientierungsprozesse und biographische Verläufe im Geschlechtervergleich. Wiesbaden: VS-Verlag. DOI 10.1007/978-3-531-91750-4; Knauf, Helen & Oechsle, Mechtild (2007): Berufsfindungsprozesse von Abiturientinnen und Abiturienten im Kontext schulischer Angebote zur Berufsorientierung. In: Kahlert, Heike & Mansel, Jürgen (Hrsg.): Bildung und Berufsorientierung. Der Einfluss von Schule und informellen Kontexten auf die berufliche Identitätsentwicklung, S. 143-162. Weinheim, München: Juventa


Zum Seitenanfang