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  • teutolab-biotechnologie

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Molekulargenetische Tierartendifferenzierung

Was steckt wirklich in der Wurst?

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Dieser Experimentierkurs zum Thema Tierartendifferenzierung wurde anlässlich des Pferdefleischskandals (Frühjahr 2013) entwickelt und wird seit Herbst 2013 regelmäßig angeboten.

An diesem Tag erfahren die Schüler, auf welche Weise Fleischproben verschiedener Tierarten mittels DNA-Fingerprinting voneinander unterschieden werden können. Die Schüler untersuchen Proben von Schwein, Rind, Huhn, Pute und Pferd. Zusätzlich erhalten sie eine unbekannte Wurstprobe und sollen im Rahmen dieses Experimentierkurses herausfinden, welche Tierart(en) in dieser Probe verwertet wurde(n).

Es werden zwei Varianten dieses Tagespraktikums angeboten, bei denen verschiedene Methoden des DNA-Fingerprinting angewandt werden.

 

  • Langes Tagespraktikum (ca. 6 h):

Tierartendifferenzierung mittels aRFLP (amplifizierter Restriktions-Fragment-Längen-Polymorphismus)

Probennahme und Auflösen der tierischen Zellen.

Vervielfältigung eines Abschnitts eines mitochondrialen Gens mithilfe allgemeiner Tierarten-Primer in einer Polymerase-Kettenreaktion (PCR; Unabhängig von der Tierart entsteht ein PCR-Produkt gleicher Länge, aber nicht gleicher Sequenz.).

Enzymatische Spaltung der PCR-Produkte mithilfe eines geeigneten Restriktionsenzyms (Abhängig von der Tierart entstehen Fragmente unterschiedlicher Größe = Restriktions-Fragment-Längen-Polymorphismus.)

Auftrennung der entstandenen PCR-Produkte mittels DNA-Gelelektrophorese.

Exemplarisch werden mögliche Ergebnisse (Gelbilder) dieses Experimentierkurses besprochen.Die Dokumentation der eigenen Gelbilder erfolgt durch unsere Labormitarbeiter. Diese Bilder werden den Schülern und Lehrkräften noch am selben Tag online zur Verfügung gestellt.

  • Alternatives, kurzes Tagespraktikum (ca. 4h):
  • Tierartendifferenzierung mithilfe tierartenspezifischer PCR

Probennahme und Auflösen der tierischen Zellen.

Vervielfältigung eines spezifischen Abschnitts eines mitochondrialen Gens mithilfe tierartenspezifischer Primer in einer Polymerase-Kettenreaktion (PCR; Es entsteht nur ein PCR-Produkt, wenn DNA der entsprechenden Tierart vorhanden ist. In Abhängigkeit von der Tierart entstehen PCR-Produkte spezifischer Längen.)

Überprüfung der erfolgreichen Vervielfältigung mittels DNA-Gelelektrophorese.

Nach der Visualisierung der DNA (Färben und Fotografieren des Gels erfolgt durch unsere Labormitarbeiter.) werden die eigenen Ergebnisse besprochen.

Diese Experimentierkurse bieten sich besonders als Ergänzung zum Genetik-Unterricht für Schüler der Q1 bzw. als Wiederholung für Schüler der Q2 an.

Das Ziel dieser Angebote ist es, den Schülern die lehrplanrelevanten (häufig sehr abstrakten), molekulargenetischen Methoden erlebbar und begreifbar zu machen. Die Anwendung dieser Methoden ist dabei in einen alltagsnahen Kontext eingebettet. Damit dies erfolgreich gelingt, ist es wünschenswert, dass die Schüler bereits über molekulargenetische Grundkenntnisse laut Übersichtstabelle verfügen und das Skript gelesen und verstanden haben.

 

Zusatzmaterial

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Beim Pferdefleischskandal im Jahr 2013 wurden in verschiedenen Ländern Europas als Rindfleischprodukte deklarierte Lebensmittel gefunden, die Pferdefleisch enthielten. Tiefkühlkost und Soßen mit Hackfleisch waren dabei am meisten betroffen.

Um zu bestimmen, welche Tierarten wirklich in unserer Wurst enthalten sind, kann man die Methode der molekulargenetischen Tierartendifferenzierung anwenden. Dazu untersucht man bestimmte Sequenzabschnitte der DNA. Man nutzt die mitochondriale DNA (kurz mtDNA), das Erbgut der Mitochondrien, da dort keine Vermischung des elterlichen Erbguts stattfindet und Mutationen extrem selten sind. Zudem liegen in der Zelle bis zu 1000 Mitochondrien vor, so dass auch die untersuchten DNA-Abschnitte in vielen Kopien vorliegen. Für die Lebensmittelanalyse wird zunächst die DNA aus den Zellen extrahiert. Bei der folgenden Polymerase-Kettenreaktion wird ein Bereich des Cytochrom B (cytB)-Gens stark vervielfältigt, der bei allen Tierarten gleich lang ist. Es entstehen bei allen Tierarten DNA-Fragmente von etwa 700 Basenpaaren Länge. Innerhalb des cytB-Gens gibt es Unterschiede zwischen den Tierarten. Durch eine anschließende Restriktionsspaltung dieses Fragments mit Restriktionsenzymen erhält man artspezifische DNA-Fragmente unterschiedlicher Länge. Sie können durch Gelelektrophorese aufgetrennt und sichtbar gemacht werden. Man erhält ein artspezifisches Bandenmuster, welches ausgewertet werden kann.

Um verschiedene Tierarten zu unterscheiden, wird häufig ein Abschnitt der mitochondrialen DNA (mtDNA) untersucht. Diese eignet sich aus mehreren Gründen besonders gut: Sie liegt bereits in großer Menge  vor, da Zellen – je nach ihrer Funktion - Tausende von  Mitochondrien besitzen können und diese wiederum jeweils 2-10 DNA-Moleküle aufweisen können. Außerdem ist diese DNA nicht an der im Zellkern stattfindenden Meiose beteiligt, daher unterbleibt der Austausch von mütterlichen und väterlichen Erbinformationen. Aus diesem Grund bleibt die mitochondriale DNA höher konserviert und die Unterschiede bei den Tierarten sind nur über die evolutionäre Mutationsrate festgelegt.

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Am Versuchstag im teutolab-biotechnologie wird das Cytochrom-B-Gen untersucht

 

Cytochrom-B-Gen

Das Cytochrom-B-Gen kommt in jedem Organismus vor. Es hat eine wichtige Funktion bei der Zellatmung: Durch Cytochrome wird der schrittweise Elektronentransport in der Atmungskette gewährleistet, die frei gewordene Oxidationsenergie dient der Synthese von ATP. Cytochrom B ist Bestandteil des Enzymkomplex III in der Mitochondrienmembran. Das CytB-Gen umfasst 1140 Basenpaare, die für 380 Aminosäuren kodieren. Dabei können stärker konservierte Regionen von variableren Regionen unterschieden werden. In den variablen Bereichen des Gens kommt es häufiger zu Mutationen, die zur Synthese von funktionell unterschiedlichen Aminosäuren führen.

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Um DNA zu isolieren, müssen die Zellen zuerst lysiert, also aufgeschlossen werden. Dazu können mechanische oder auch nicht-mechanische Verfahren angewendet werden. Bei den mechanischen Verfahren werden Gewebe und Zellstrukturen durch Krafteinwirkungen zerstört. Sie können z. B. mit einem Pistill zerrieben werden oder durch winzige Kügelchen in Kugelmühlen zerschlagen werden. Bei den rein chemischen Verfahren werden winzige Gewebeteile in geeignete Pufferlösungen gegeben, welche die Zellwände und –membranen angreifen. Sie enthalten Detergenzien, die die Grenzflächenspannung herabsetzen. Ein häufig verwendetes Detergens ist Sodiumdodecylsulfat (SDS). Es wird auch Wasch- und Reinigungsmitteln zugesetzt.

Am Versuchstag im teutolab-biotechnologie werden die Zellen durch alkalische Lyse aufgebrochen. Dazu werden die Zellen in einen Lysepuffer gegeben, welcher Natronlauge (NaOH) und SDS enthält. Die Proben werden bei 98° C inkubiert, also quasi gekocht. Durch den stark alkalischen pH-Wert, das Detergens und die hohe Temperatur werden die Zellmembranen aufgebrochen und die gewünschte DNA wird freigesetzt. Die DNA kann dabei in mehrere Fragmente zerrissen werden. Im Anschluss daran wird eine Zentrifugation durchgeführt um die DNA von den anderen Bestandteilen der Zelle zu trennen. Dabei entsteht das Zell-Pellet, welches die schwereren Zell-Fragmente enthält. Im Puffer bleiben somit die restlichen DNA-Fragmente sowie einige leichte Zellorganellen zurück und können dann abpipettiert und weiterverwendet werden. In Abbildung 1 ist der gesamte Vorgang der Zell-Lyse abgebildet.

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Die Restriktionsanalyse ist ein Verfahren zur Analyse von DNA und kann für verschiedene Bereiche wie Charakterisierung, Identifizierung und Isolierung eingesetzt werden. Dabei wird die DNA von einem Restriktionsenzym gespalten. Dies erfolgt an einer spezifischen Erkennungssequenz aus Basenpaaren, welche das Restriktionsenzym erkennt. Diese Erkennungssequenzen sind je nach Restriktionsenzym zwischen vier und acht Basenpaaren lang. Die gezielte Spaltung von DNA an definierten Basenfolgen kann zur Detektion von Mutationen genutzt werden. Ist die entsprechende Basenabfolge vorhanden, so wird die DNA geschnitten und es entstehen entsprechend viele DNA-Fragmente (immer eins mehr als Erkennungssequenzen vorhanden sind). Die Länge der Fragmente hängt von der Lage der Erkennungssequenzen auf der Ursprungs-DNA ab. Dies kann zur Restriktionsfragmentanalyse genutzt werden. Dadurch können z. B. Tierarten oder Viren genetisch voneinander unterscheiden zu können. 

Die Abbildung zeigt das Prinzip anhand des Restriktionsenzyms Tsp 5091 mit der Erkennungssequenz AATT.

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Bei der PCR wird DNA vervielfältigt (= amplifiziert). Bei den meisten Untersuchungen wird nicht die gesamte DNA, sondern ein bestimmter, für die gegebene Fragestellung sinnvoller DNA-Abschnitt amplifiziert. Geeignete Primer binden spezifisch und bilden den gewünschten Startpunkt für die Neusynthese von komplementären Strängen. In der PCR wird dieser Vorgang durch die Taq-Polymerase katalysiert. So entstehen komplementäre neu synthetisierte DNA-Stränge. In einem PCR-Reaktionsmix werden also die DNA des untersuchten Organismus,  Primer(mix), Mastermix und Wasser zusammen pipettiert. Sie läuft nur unter geeigneten Reaktionsbedingungen in einem Thermocycler ab. Dabei ist der PCR-Zyklus grundsätzlich derselbe, aber das PCR-Programm muss spezifisch ausgewählt werden.

Bei der Gelelektrophorese werden DNA-Fragmente unterschiedlicher Länge ihrer Größe nach aufgetrennt. Legt man Gleichspannung an die Enden eines Agaorese-Gels und überschichtet es mit einer Pufferlösung, so wandert die DNA zum Pluspol (Anode). Die kleineren DNA-Stücke wandern schneller durch das Gel als die großen und langen Stücke, sodass im Laufe der Gelelektrophorese eine Auftrennung der DNA-Proben entsprechend ihrer Länge und somit auch Anzahl der Basenpaare erfolgt. Außer der Fragmentgröße hat auch die Stärke der Spannung und die Konzentration des Gels Einfluss auf die Wanderung der geladenen Teilchen. Damit die Größe der aufgetrennten DNA-Fragmente exakt bestimmt werden kann, lässt man daher einen DNA-Längenstandard mit Fragmenten bekannter Größe mitlaufen. Um die farblose DNA sichtbar zu machen, muss eine Anfärbung erfolgen.

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Im Folgenden werden zwei unterschiedliche Methoden zur molekulargenetischen Tierartendifferenzierung vorgestellt.

 

Amplified Restriction Fragment Length Polymorphism (aRFLP)

Bei dieser Methode macht man sich den Restriktionsfragmentlängenpolymorphismus zunutze (RFLP). Hier werden Primer verwendet, welche bei allen Tierarten den gleichen Bereich amplifizieren. Dafür wird ein hochkonservierter Teil des cytB-Gens gewählt. Somit werden bei allen Tierarten DNA-Fragmente der gleichen Länge mittels der PCR amplifiziert. Die Unterschiede müssen also in einem weiteren Schritt herausgefunden werden.

Dafür wird die Restriktionsspaltung genutzt. Da durch Mutationen leichte Unterschiede zwischen den verschiedenen Tierarten in der Basenabfolge entstanden sind, können Erkennungssequenzen für Restriktionsenzyme wegfallen oder hinzukommen. Folglich können nach der Restriktionsspaltung unterschiedlich viele und auch unterschiedlich lange DNA-Fragmente entstehen.

Diese können dann mittels der Gelelektrophorese ausgewertet werden.

Ein Vorteil dieser Methode ist, dass die DNA-Sequenzen des zu untersuchenden Gens nicht genau bekannt sein müssen. Es reicht, dass flankierende hochkonservierten Bereiche bekannt sind, die Bindestellen für universelle  Primer bieten. Außerdem  können verschiedene Tierarten innerhalb einer Probe erkannt werden. Jedoch wird durch Einsatz der Restriktionsspaltung ein weiterer Arbeitsschritt nötig, wodurch das Verfahren aufwändiger wird.

 

Amplified Fragment Length-Analyse (aFL)

Bei der Amplified Fragment Length Analyse wird die DNA mittels tierartenspezifischer Primer untersucht. Es werden also Primer verwendet, die nur an ausgewählten Sequenzen des cytB-Gens von bestimmten Tierarten binden. Aus diesem Grund kann nur ein PCR-Produkt gebildet werden, wenn die DNA des zugehörigen Tieres in der Probe vorhanden ist. Für das Primer-Design muss daher die Sequenz bekannt sein. Als Bindungsstelle für die verschiedenen Primer für die verschiedenen Tierarten werden Bereiche im cytB-Gen ausgewählt, die möglichst zu unterschiedlich großen PCR-Produkten zwischen den Tierarten führen. Anstelle eines PCR-Ansatzes mit nur einer einzigen Art von Primer können dann auch mehrere Primer gemixt werden. So kann die Probe gleichzeitig auf mehrere Tierarten untersucht werden.

Die vervielfältigten DNA-Abschnitte können im Anschluss mittels Gelelektrophorese und Bandenauswertung genau identifiziert werden. Sowohl durch das Vorhandensein oder Fehlen von Banden als auch durch die unterschiedlichen Längen der DNA-Fragmente kann eindeutig auf die entsprechenden Tierarten innerhalb einer Probe geschlossen werden.

Diese Methode kann zur schnellen Auswertung genutzt werden und liefert eindeutige Ergebnisse. Jedoch können nur Tierarten nachgewiesen werden, von denen die genaue DNA-Sequenz bekannt ist und deren Primer in der PCR verwendet wurden.

 

In Abbildung 1 ist ein grafischer Vergleich zwischen den beiden Methoden zu sehen. Der zusätzliche Schritt bei der aRFLP ist dort gut zu erkennen.

Am Versuchstag im teutolab-biotechnologie wird die aRFLP-Methode angewendet.

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Das folgende das Gelbild zeigt eine Tierartenanalyse unter Anwendung der aRFLP-Methode. Durch die Gelelektrophorese wurden unterschiedlich große DNA-Fragmente der aufgetragenen Proben voneinander getrennt und im Anschluss angefärbt und fotografiert.

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Zuerst werden die beiden Kontrollen ausgewertet. Bei der Negativkontrolle ist nur eine Bande am unteren Ende zu sehen. Dies liegt daran, dass dort in der Probe keine größeren DNA-Fragmente, sondern nur die 15 bis 25 Basen großen Primer vorhanden sind. Da keine anderen Banden vorhanden sind, zeigt die Negativkontrolle das gewünschte Ergebnis. Bei der Positivkontrolle ist ebenso eine Bande zu erkennen, die durch die Primer entstanden ist. Außerdem ist eine weitere Bande im oberen Bereich des Gelbildes zu sehen. Die Fragmente weisen nach dem Vergleich der Bande mit dem Marker eine Länge von ca. 700 Basenpaaren auf. Dies entspricht der Länge des mithilfe der PCR vervielfältigten und noch ungespaltenen Abschnittes des Cytochrom-b-Gens. Somit sind sowohl die Negativ- als auch die Positivkontrolle wie erwünscht verlaufen: Es gibt keine systematische Verunreinigung mit DNA und die PCR hat grundsätzlich das Cytochrom-b-Gen vervielfältigt. Nun werden die Banden der Wurst mit denen der verschiedenen Tierarten verglichen. Zur Veranschaulichung sind in der Abbildung horizontale Linien eingezeichnet. Die unterste Bande ist bei allen Ansätzen gleich. Dies liegt daran, dass in jeder Probe Primer von der PCR übrig sind. Diese Oligonukleotide wandern aufgrund ihrer Ladung ebenso wie alle Nukleinsäuren durch das Gel. Da es sich um besonders kurze Nukleinsäuren handelt, wandern sie besonders schnell. Für den Vergleich der Wurst mit den Referenzen haben sie keine Relevanz.

Vergleicht man die Banden der Wurst mit denen des Pferdes, so treten keine Übereinstimmungen auf. Also ist kein Pferdefleisch in der Wurst verarbeitet worden. Auch mit der Pute gibt es keine Übereinstimmungen. Beim Rind hingegen ist eine Bande auf der gleichen Höhe. Da jedoch nicht alle Banden übereinstimmen ist auch kein Rindfleisch in der Wurst vorhanden.

Jede Bande stimmt jedoch zwischen der Wurst und dem Schwein überein. Daraus folgt, dass es sich bei der Wurst um Schweinewurst handelt.


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