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  • teutolab-biotechnologie

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Artenvielfalt erkennen: Barcoding von Orchideen

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Dieser Experimentierkurs zum Thema Artenbestimmung wurde im Rahmen einer Bachelorarbeit entwickelt und wird seit 2012 regelmäßig angeboten.

An diesem Tag erfahren die Schüler, auf welche Weise verschiedene Pflanzenarten, die sich morphologisch zum Teil nicht sicher unterscheiden lassen, anhand der DNA-Sequenz eines Markergens identifiziert werden können → DNA Barcoding.

Jede Schülergruppe erhält zu Beginn des Tages Blattmaterial einer Orchideenart (Vanilla planifolia, Angraecum sesquipedale, Cattleya forbesii oder Dactylorhiza purpurella) und soll im Rahmen dieses Tagespraktikums herausfinden, um welche Orchideenart es sich gehandelt hat.

Dazu werden folgende Arbeitsschritte durchgeführt:

Extraktion der Orchideen-DNA (Auflösen der Pflanzenzellen, Abtrennung der Pflanzentrümmer, Chromatographische Isolierung der DNA).

Vervielfältigung eines für Barcoding geeigneten Abschnitts eines plastidären Gens mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR).

Überprüfung der erfolgreichen Vervielfältigung mittels DNA-Gelelektrophorese

Selbstständige Durchführung eines Datenbankabgleichs möglicher Sequenzierungsergebnisse (Basenabfolge des Genabschnitts) mithilfe des BLAST-Algorithmus (Basic Local Alignment Tool).

Exemplarisch werden mögliche Ergebnisse (Gelbilder) dieses Experimentierkurses besprochen. Die eigenen Gelbilder (Färben und Fotografieren erfolgt durch unsere Labormitarbeiter) werden den Schülern und Lehrkräften noch am selben Tag online zur Verfügung gestellt. Die Sequenzierung der PCR-Produkte erfolgt durch das Sequenzierlabor im CeBiTec (Zentrum für Biotechnologie).

Dieser Experimentierkurs bietet sich besonders als Ergänzung zum Genetik-Unterricht für Schüler der Q1 bzw. als Wiederholung für Schüler der Q2 an. Desweiteren liefert es Anknüpfungspunkte für die Unterrichtsthemen Ökologie und Evolution.

Das Ziel dieses Angebotes ist es, den Schülern die lehrplanrelevanten (häufig sehr abstrakten), molekulargenetischen Methoden erlebbar und begreifbar zu machen. Die Anwendung dieser Methoden ist dabei in einen alltagsnahen Kontext eingebettet.

Damit dies erfolgreich gelingt, ist es wünschenswert, dass die Schüler bereits über molekulargenetische Grundkenntnisse (s. Übersichtstabelle) verfügen und das Skript gelesen und verstanden haben.

Zusatzmaterial

Etwa 30000 Arten, auf der ganzen Welt verteilt. Die meisten Orchideen kommen in den Tropen vor, aber auch in kühleren Regionen gibt es an die Umweltbedingungen angepasste Arten. Europäische Orchideen werfen über den Winter ihre Blätter ab. So ist es z.B. bei den Knabenkräutern und den Ragwurz-Arten.

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Paphiopedilum malipoense

Dieser Frauenschuh wurde erst im Jahr 1984 in China entdeckt und als neue Art beschrieben.

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Disa uniflora

Diese kräftig rote Orchide wächst in Südafrika und wird als auch als 'Stolz des Tafelbergs' bezeichnet.

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Cypripedium calceolus

Der 'Marienfrauenschuh' ist der einzige europäische Frauenschuh und wächst in den Alpen, aber auch an Kalkhängen in Mittelgebirgen.  Er blüht im Mai.

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Bulbophyllum umbellatum

Sie wächst in Afrika, Madagaskar, den umliegenden Inseln un in Australien auf Bäumen aufsitzend.

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Epidendrum pseudepidendrum

Diese farbenprächtige bizarre Orchidee ist in Venezuela beheimatet. In Höhenlagen von 2000-4000 Metern wächst sie auf Bäumen.

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Ophrys insectifera

Die Blüten locken Grabwespen als Bestäuber durch ihre Form und die Bildung eines Sexualpheromons an. Sie sind in Europa auf Magerwiesen beheimatet.

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Phalaenopsis amabilis

Sie ist in Südostasien weit verbreitet und wächst epiphytisch. Aus dieser Art sind weißblütige Züchtungen von Phalaenopsis für die Fensterbank sind  entwickelt worden.

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Vanilleeis, Vanillepudding, Vanillemilch - wer kennt und mag sie nicht?! Aber nur wenigen Menschen ist bekannt, dass es sich bei der Vanilleschote um die Frucht einer Orchidee, der Vanilla planifolia handelt. Die feinen dunklen Pünktchen in einer schmackhaften Vanillecreme sind also nichts anderes als Samen einer Orchideenart. Die Samenkapsel wird fermentiert und entwickelt so ihr Aroma. Schon die Azteken würzten ihren Kakao damit. Vanilla sind in Mittelamerika beheimatet und haben einen kletternden Wuchs. Ihre Triebe können mehrere Meter lang werden und die Pflanzen blühen erst nach vielen Jahren das erste Mal. Heute wird die Gewürzvanille weltweit angebaut, auf Madagaskar und La Reunion gibt es besonders viele Plantagen.

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Charles Darwin beschäftigte sich auch intensiv mit Orchideen, da sie außerordentlich variabel sind und ihm Gelegenheit boten, die Veränderlichkeit der Art und die oft schwierige Differenzierung zwischen ihnen zu studieren. Bei der Untersuchung der Anpassung von Orchideen an ihren Bestäuber fiel ihm besonders das Angraecum sesquipedale auf. Dieser weißblütige ‚Stern von Madagaskar‘ hat einen bis zu 30 cm langen Sporn, an dessen Grund sich Nektar befindet. Darwin schlussfolgerte, dass dieser von einem Insekt mit entsprechend langem Rüssel bestäubt würde. Zu Lebzeiten erntete er für diese Behauptung noch Spott und Aberglaube. Doch 30 Jahre nach seinem Tod wurde tatsächlich ein Nachtschwärmer mit einem entsprechend langen Rüssel gefunden. Diese Unterart von Xanthopan morgani wurde in Anerkennung von Darwins Vorhersage ‚forma praedicta‘ (‚die vorausgesagte Form‘) genannt.

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Im Jahr 1817 entdeckte der englische Pflanzenliebhaber William Cattley in einer Transportkiste als Verpackungsmaterial eine fast vertrocknete tropische Orchidee. Es gelang ihm, die Pflanze erfolgreich zu pflegen und brachte sie zur Blüte. Die große und extravagante Blüte mit ihrer auffällig geformten Lippe war eine Sensation. Daraufhin entwickelte sich insbesondere in England ein regelrechter Orchideenboom: Gut betuchte Adelige schickten Sammler nach Südamerika und in die Tropen Asiens. Sie erhielten den Auftrag, möglichst viele immer wieder neue Orchideen nach Europa zu senden. Letztlich entstand ein Konkurrenzkampf, der dazu führte, dass möglichst alle entdeckten Exemplare vollständig von ihren Naturstandorten entfernt wurden, um sie weiteren Sammlern nicht mehr zugänglich zu machen. So geschah bereits im 19. Jahrhundert ein immenser Raubbau an der Natur.

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Orchideen kommen auf der ganzen Welt vor, allerdings gibt es in den gemäßigten Breiten weniger verschiedene Arten. Im Herbst werfen sie ihre Blätter ab und überwintern unterirdisch als Knollen oder Rhizome. Die europäischen Orchideen sind im Allgemeinen unscheinbarer als die tropischen Mitglieder dieser Familie. Sie wachsen auf Wiesen, an Wegesrändern, an Kalkhängen oder in Buchenwäldern und vertragen dabei niemals hohe Nährstoffeinträge. Daher sind die Habitate der europäischen Orchideen stark bedroht, sie werden allesamt auf der roten Liste geführt. Sie unterstehen also besonderen Schutzbedingungen und dürfen weder ausgegraben noch abgepflückt werden. Sogar das Mitnehmen von Samenkapseln ist verboten.

Quelle:
Röllke, K. & Grotjohann, N. (2015). DNA-Barcoding – Anwendung neuer Technologie zur Erfassung der Biodiversität. Praxis der Naturwissenschaften Biologie, 64(3), 12-21.

Imagine a world in which any person, anywhere, at any time can identify any species at little or no cost.That world is technologically upon us. This report addresses the formative stages of an initiative to bring this to society sooner rather than later.

Barcode of Life Draft Conference Report, December 1, 2003
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Am Anfang standen Visionen: Durch die Untersuchung von Basenfolgen sollten Organismen so sicher identifizierbar gemacht werden wie durch die Anwendung der bereits praktizierten Produkt-Barcodes.

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Mit diesem Ziel wurden weltweit vernetzt Projekte gegründet (CBOL, IBOL, GBOL). Beim Gründungstreffen des Consortium for the Barcode of Life wurden zehn Gründe angegeben. Für das Barcoding von Tieren fand man recht schnell geeignete DNA-Regionen (weitere Infos zum Barcoding von Tieren), das Barcoding von Pflanzen gestaltete sich schwieriger (weitere Infos zum Barcoding von Pflanzen).

Inzwischen ist Barcoding ein etabliertes Verfahren und wird durch die umfassende Datenbank BOLDSYSTEMS (nähere Infos zur Datenbank) unterstützt.

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Das NucleoSpin Plant II–Kit von Macherey & Nagel (M &N) wurde speziell für die Extraktion von DNA aus Pflanzen entwickelt. Man kann frische oder trockene Blätter verwenden. Unsere Blattproben wurden in Portionen von 100mg eingefroren.

Zuerst werden die Blattproben homogenisiert. Die Erfahrung hat gezeigt, dass beim Mörsern Flüssigkeit zugegeben werden sollte, da die Pflanzenmasse sonst zu trocken ist.

Die Zellmembranen des homogenisierten Pflanzenmaterials werden unter Einwirkung von denaturierenden Agenzien und Detergenzien lysiert (Weitere Infos zur Lyse).

Die Zellreste werden durch Filtrieren entfernt (Weitere Infos zum Filtrieren) und der Durchfluss auf eine Kieselsäure-Membran gegeben, an welche die DNA bindet. Verunreinigungen werden durch mehrmaliges Waschen mit verschiedenen Lösungen entfernt. Ein Elutionspuffer löst die DNA aus der Membran (Weitere Infos zum Vorgang an der Nucleospin-Säule).

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Bei der PCR wird DNA vervielfältigt (= amplifiziert). Bei den meisten Untersuchungen wird nicht die gesamte DNA, sondern ein bestimmter, für die gegebene Fragestellung sinnvoller DNA-Abschnitt amplifiziert. Geeignete Primer binden spezifisch und bilden den gewünschten Startpunkt für die Neusynthese von komplementären Strängen. In der PCR wird dieser Vorgang durch die Taq-Polymerase katalysiert. So entstehen komplementäre neu synthetisierte DNA-Stränge. In einem PCR-Reaktionsmix werden also die DNA des untersuchten Organismus,  Primer(mix), Mastermix und Wasser zusammen pipettiert. Sie läuft nur unter geeigneten Reaktionsbedingungen in einem Thermocycler ab. Dabei ist der PCR-Zyklus grundsätzlich derselbe, aber das PCR-Programm muss spezifisch ausgewählt werden.

Bei der Gelelektrophorese werden DNA-Fragmente unterschiedlicher Länge ihrer Größe nach aufgetrennt. Legt man Gleichspannung an die Enden eines Agaorese-Gels und überschichtet es mit einer Pufferlösung, so wandert die DNA zum Pluspol (Anode). Die kleineren DNA-Stücke wandern schneller durch das Gel als die großen und langen Stücke, sodass im Laufe der Gelelektrophorese eine Auftrennung der DNA-Proben entsprechend ihrer Länge und somit auch Anzahl der Basenpaare erfolgt. Außer der Fragmentgröße hat auch die Stärke der Spannung und die Konzentration des Gels Einfluss auf die Wanderung der geladenen Teilchen. Damit die Größe der aufgetrennten DNA-Fragmente exakt bestimmt werden kann, lässt man daher einen DNA-Längenstandard mit Fragmenten bekannter Größe mitlaufen. Um die farblose DNA sichtbar zu machen, muss eine Anfärbung erfolgen.

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Macht man die DNA nach der Anfärbung unter UV-Licht sichtbar, so fluoreszieren nur die Bereiche des Gels, in welchen sich DNA befindet. Da sich DNA Fragmente gleicher Länge gleich weit bewegt haben müssen, weist ein Gel in der Auswertung unter UV-Licht immer stark fluoreszierende dünne Balken von DNA, die sogenannten Banden auf. Die Gesamtheit der Banden eines Gelbildes nennt man auch Bandenmuster. Während die Probe aus der PCR nur eine Bande aufweisen darf, führt der verwendete Längenstandard zu einer Vielzahl von Banden.

Am unteren Rand des Gels werden bei der Auswertung unter UV Licht außerdem sehr verschwommene Bereiche, die sogenannten Primerwolken sichtbar. Bei diesen offenbar sehr schnell durch das Gel gewanderten DNA-Fragmenten handelt es sich um die Primer aus der PCR, welche nur wenige Basenpaare lang sind.

In den unten gezeigten Gelbildern wurden zur Überprüfung der erfolgreichen Vermehrung des Markergens matK in der PCR von links nach rechts folgende vier Proben aufgetragen:

a) Eigene Probe (Selbst extrahierte DNA in PCR eingesetzt),

b) Positivprobe (extrahierte DNA, die bereits ein positives Ergebnis brachte),

c) Negativprobe (anstelle von DNA wurde Wasser in den PCR-Reaktionsmix eingesetzt),

d) DNA-Längenstandard (größtes Fragment 10 000, kleinstes Fragment 250, sechstkleinstes Fragment 750 Basenpaare).



1. Welches Gelbild zeigt die gewünschten matK-Banden und warum?

2. Was ist bei den anderen Gelbildern jeweils nicht wie erwünscht?

3. Was wurde offensichtlich bei Gelbild 4 im Reaktionsmix der PCR vergessen?

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Anmerkung: Positiv- und Negativkontrolle sind nötig, um im Rahmen der wissenschaftlichen Arbeitsweise ein verlässliches und reproduzierbares Ergebnis zu gewährleisten. Die Positivkontrolle enthält dabei in jedem Fall die entsprechend vervielfältigte DNA, während die Negativkontrolle keine DNA beinhaltet.

DNA-Sequenzierung ist die Analyse und somit Bestimmung der Basenabfolge in einem DNA-Abschnitt. Durch die Möglichkeit, den genetischen Code direkt und Base für Base auslesen zu können, wurden die Wissenschaften der Genetik, Molekularbiologie und Biotechnologie revolutioniert.

Zur Ermittlung der Basenabfolge gibt es verschiedene Verfahren, wobei wir an unserem Kurstag die Methode der Sanger-Sequenzierung anwenden.

Sanger-Sequenzierung

Diese klassische Methode zur Ermittlung der Basenabfolge wurde im Jahr 1975 von Frederick Sanger entwickelt, welcher in Folge dessen den Nobelpreis für Chemie erhielt..

Generell lässt sich die Sanger-Sequenzierung in zwei Abschnitte unterteilen, wobei der erste Abschnitt zur Neusynthese komplementärer, aber verkürzter Stränge führt und als abgeänderte Polymerase-Kettenreaktion beschrieben werden kann. Der zweite Abschnitt, die Kapillarelektrophorese, verläuft nach den gleichen Prinzipien wie die Gelelektrophorese, allerdings auf sensitiverer Ebene.

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Seit 2003 fordern Wissenschaftler den Aufbau einer Datenbank, in der Barcodes von Pflanzen hinterlegt sind. Diese ist inzwischen in weiten Teilen realisiert: Auf der Internetseite ‚Boldsystems‘ (http://www.boldsystems.org/) sind bis heute bereits über 3,5 Millionen Sequenzen als Barcodes hinterlegt. Außerdem werden verschiedene Service-Funktionen rund um das Barcoding angeboten.

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Zur Auswertung unserer durch die Sanger-Sequenzierung ermittelten Basenfolge kann man eine Suchfunktion anwenden: Es kann eine Sequenz eingefügt und mit den hinterlegten Sequenzen bekannter Arten abgeglichen werden. Für die Suche nach Pflanzen können Sequenzen von Ribulose-1,5-bisphosphat-Carboxylase (rbcL) oder matK eingegeben werden.

Dafür sind folgende Schritte notwendig:

Unter dem Menüpunkt ‚Identifications‘ klickt man ‚Plant Identification‘ an. In ein Suchfenster kann nun die Basenfolge des matK-Gens hineinkopiert werden und der Abgleich gestartet werden.

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Nach wenigen Sekunden wird eine nach den größten Übereinstimmungen sortierte Trefferliste angezeigt. Je höher die Übereinstimmung der Basen ist, desto wahrscheinlicher handelt es sich um die entsprechende Art.

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Die ‚published‘ gestellten Einträge können angeklickt werden und bieten Einblick in die Gegenüberstellung (das ‚Alignment‘) der Probe mit der eingetragenen Referenz. Hier wird deutlich, an welcher Stelle gegebenenfalls eine Mutation stattgefunden hat.

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Scrollt man weiter herunter, so findet man die Darstellung der Basenfolge als farbigen Barcode.

Aufgabe:

Fügen Sie die Sequenzen für die vier untersuchten Orchideenarten in die Suchmaschine ein. Welche Arten können Sie identifizieren?

Art 1
Art 2
Art 3
Art 4


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