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    Das Bielefelder Standortprojekt im Rahmen der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ von Bund und Ländern

    © Universität Bielefeld

Inklusionssensible kasuistische Formate kritischer Praxisreflexion: Kritische reflexive Praxisorientierung zum Heterogenen Selbst

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Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Dr. Karsten Exner

Dr. Karsten Exner

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Raum
Gebäude X E1-269

BiProfessional wird im Rahmen der gemeinsamen Qualitätsoffensive Lehrerbildung von Bund und Ländern aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert (Förderkennzeichen 01JA1908).

Da eine heterogene Schüler*innenschaft auch immer die Frage der sozialen Beziehung zwischen Lehrer*innen und Schüler*innen impliziert und diese auf Seiten von Lehrkräften häufig durch Wissensdefizite, Vorurteile, emotionale Unsicherheiten und Ängste im Hinblick auf das jeweilige Heterogenitätsmerkmal geprägt ist, ist die Teilmaßnahme auf eben diese handlungsrelevanten Aspekte in Lehrer*innen-Schüler*innen-Beziehungen ausgerichtet. Dabei geht es zum einen um die theoretische Begründung der Problemlage nebst Verdeutlichung infrage kommender Veränderungsmöglichkeiten und zum anderen um eine inhaltliche Verankerung des Themas in den jeweiligen (Fach-)Diskursen zur Beschulung heterogener Schüler*innengruppen. Darüber hinaus wird ein Lehrveranstaltungskonzept entwickelt, das (angehenden) Lehrer*innen die Möglichkeit eröffnet, sich auf der Grundlage eigenen Wissens und eigener Erfahrungen mit eigenen Unsicherheiten und Ängsten im Hinblick auf das heterogene Andere produktiv auseinanderzusetzen und adäquate Handlungsmöglichkeiten zu erarbeiten. Im Vordergrund stehen dabei beispielhaft die Auseinandersetzung mit dem Thema „Behinderung und Beeinträchtigung“ sowie der Umgang mit beeinträchtigten Personen in der (Schul-)Praxis.

Heterogenität in dem Sinne, dass es „normal ist, verschieden zu sein“, ist zurzeit sowohl in schulbezogenen Fachdiskursen als auch in der Schulpraxis ein aktuelles Thema. Dabei wird Heterogenität in erster Linie mit Bezugnahme auf kategorisierende Merkmale – wie z. B. Geschlecht, kultureller Hintergrund oder Behinderung – entlang institutioneller, organisatorischer und pädagogisch-didaktischer Problemlagen diskutiert. Die intersubjektive Ebene – und hier insbesondere die emotionale Verfasstheit von Lehrkräften – in Bezug auf vermeintlich „merkmalstragende“ Schüler*innen spielt dabei – obwohl sie von besonderer Bedeutung für das Lehrer*innen-Schüler*innen-Verhältnis und damit für ein gelingendes Unterstützungsgeschehen sind – kaum eine Rolle. Dementsprechend ist das Thema auch in der Ausbildung von Lehrkräften unterrepräsentiert. So haben Lehramtsstudierende im Rahmen ihrer Hochschulausbildung kaum die Möglichkeit, sich im Zusammenhang mit ihrem späteren Lehrer*innensein mit der eigenen Person, ihrer emotionalen Involviertheit und der daraus folgenden Konsequenz für die Gestaltung sozialer Beziehungen zu Schüler*innen auseinanderzusetzen. Abweichend von anderen Heterogenitätsmerkmalen spielt in diesem Problemzusammenhang das Thema „Beeinträchtigung/Behinderung“ eine besondere Rolle. Während es z. B. im Hinblick auf das Heterogenitätsmerkmal kulturelle Herkunft möglich ist, im Rahmen von sozialen Beziehungen von einer dauerhaften Unbetroffenheit der eigenen Person auszugehen und damit eine innere Distanz zum Gegenüber zu wahren, ist dieses im Zusammenhang mit Beeinträchtigung/Behinderung nicht ohne Weiteres gegeben. Die Möglichkeit, selber von Beeinträchtigung/Behinderung betroffen zu werden, läuft alltäglich als permanente Gefahr mit und führt somit häufig zu Ängsten (vor Beeinträchtigung/Behinderung) und in sozialen Beziehungen zwischen nichtbeeinträchtigten und beeinträchtigten Personen zu Vorbehalten und Abwehrverhalten. Derartige Gegebenheiten haben auch Konsequenzen für intersubjektive Beziehungen in der Schule. Über mehrere Jahre hinweg durchgeführte Lehrveranstaltungen haben gezeigt, dass viele Lehramtsstudierende im Hinblick auf das Thema „Beeinträchtigung/Behinderung“ bzw. im Umgang mit beeinträchtigten Menschen verunsichert sind und einen hohen Bedarf an Handlungsanleitung für entsprechende Situationen in ihrem späteren Lehrerinnenberuf haben. Gleichzeitig wurde deutlich, dass es Studierenden an Möglichkeiten für eine persönliche Auseinandersetzung mit dem Thema „Beeinträchtigung/Behinderung“ fehlt.

 

Da es sich bei der Auseinandersetzung von (zukünftigen) Lehrkräften mit ihren subjektiven und emotionalen Voraussetzungen im Hinblick auf unterschiedliche Dimensionen von Heterogenität (insbesondere mit Beeinträchtigung/Behinderung) als zentrales Moment der Gestaltung von Lehrer*innen-Schüler*innen-Beziehungen um ein relativ neues Thema im Zusammenhang mit der Professionalisierung von schulpädagogischem Personal handelt, geht es zunächst einmal darum, auf der Grundlage aktueller Fachliteratur den diesbezüglichen Diskursstand zu ermitteln und die Theoriebildung im Sinne des Projektes in Fachveröffentlichungen voranzubringen, um sodann praxisrelevante Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Darüber hinaus wird ein Lehrveranstaltungskonzept entwickelt, das es Lehramtsstudierenden ermöglicht, sich mit gegebenenfalls eigenen Wissensdefiziten, Vorurteilen, emotionalen Unsicherheiten und Ängsten im Hinblick auf unterschiedliche Heterogenitätsmerkmale – insbesondere Beeinträchtigung/Behinderung – auseinanderzusetzen. Dabei geht es nicht in erster Linie um die Vermittlung von Fachinhalten, sondern um die Interessen der Studierenden am Thema der Lehrveranstaltung und deren Bereitschaft, sich auf der Grundlage eigener biografischer Voraussetzungen auf eine Auseinandersetzung im oben genannten Sinne einzulassen. Damit geht einher, dass die Studierenden die zu behandelnden Inhalte und den organisatorischen Ablauf der Lehrveranstaltung im Rahmen des vorgegebenen Lehrveranstaltungsthemas in Eigenverantwortung festlegen. Ziel einer derartigen Lehrveranstaltung ist ein Verständnis dafür zu entwickeln, dass persönliche Erfahrungen, Ängste, aber auch Ressourcen entscheidende Bedeutung für die Gestaltung von Lehrer*innen-Schüler*innen-Beziehungen und damit für ein schulpädagogisches Gelingen haben. Wie geschildert (s.o.) ist anzunehmen, dass gerade im Kontext von Behinderung solche diffusen Ängste und Abwehrhaltungen einen hemmenden Einfluss auf die zu gestaltende pädagogische Beziehung nehmen können. Im Rahmen einer derartigen Lehrveranstaltung sollen Lehramtsstudierende ermutigt werden, sich auf eine sensible Auseinandersetzung mit der eigenen Person einzulassen und diese selbstreflexiven Prozesse als wichtiger Bestandteil von professionellem Lehrerhandeln markiert werden.

Exner, K. (2018). Warum die Anwendung des Inklusionsbegriffes kontraproduktiv ist - zwei Thesen und eine Frage zum Inklusionsdiskurs im Behindertenbereich. In: M. Walm; T. H. Häcker; F. Radisch & A. Krüger (Hg.): Empirisch-pädagogische Forschung in inklusiven Zeiten. Konzeptualisierung, Professionalisierung, Systementwicklung, (S. 76-87), Bad Heilbrunn: Klinkhardt.


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