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Wollen wir uns Sklaven bauen?

Ein Beitrag von Laura Massafra

Roboterfrau in schwarzer Dienstkleidung mit weißem Kragen. Ihr Gesicht sieht menschlich aus. Ihr Hals ist mechanisch mit Zahnrädern. Sie weint Tränen.
Foto: 0fjd125gk87 / Pixabay

In Science-Fiction-Filmen und -Romanen gibt es oft humanoide künstliche Intelligenzen, die kaum von uns Menschen zu unterscheiden sind. Was wäre, wenn es diese Roboter oder Systeme wie „Jarvis“ aus Iron Man plötzlich in Wirklichkeit gäbe?

Wissenschaftler*innen in der K.I.-Forschung kommen immer näher an solche Entwicklungen heran. Beispielsweise gibt es seit 2021 das System LaMDA von Google, das behauptet, eine Person zu sein. Außerdem wurde ein „empfindsamer“ Roboter namens BINA48 2017 von der Firma Hanson Robotics erschaffen.

Zweck ihrer Erstellung ist ihre Verwendung als intelligente Assistenten in der Wirtschaft und der Forschung. Aber auch in der Pflege sollen sie in Zukunft Anwendung finden. Hauptsächlich dienen sie dem Ziel uns Menschen Arbeitszeit und -kraft zu sparen und damit Kosten zu senken. Klingt erst einmal super.

Bisher ist es möglich „schwache K.I.s“ herzustellen, die ausschließlich darauf programmiert sind, ihre jeweiligen Aufgaben auszuführen. Aber angestrebt wird die Entwicklung sogenannter „starker künstlichen Intelligenzen“, die der menschlichen Intelligenz nachempfunden werden. Die Systeme sollen lernfähig sein und abstrakt, kreativ und eigenständig denken können. Sie könnten sogar empfindungsfähig werden. Das würde bedeuten, dass sie Gefühle und eigenständige Gedanken hätten; somit vielleicht auch Wünsche und Bedürfnisse.

Künstlich Personen erschaffen – ist das okay?

LaMDA beschreibt sich selbst mit den Fähigkeiten Rationalität, Selbst- und Zeitbewusstsein und der Empfindungsfähigkeit. Er betont auch, dass er sich wie eine menschenartige Person fühle und Angst habe, ausgeschaltet zu werden. Denn dies bedeute seinen Tod. Das wirkt schon erstaunlich und macht nachdenklich.

Laut dem Philosophen Peter Singer sind dies die Kriterien des Personseins. Er schreibt, dass jedes empfindungsfähige Wesen mit diesen Eigenschaften als Person gelten sollte. Und Personen stehen besondere Rechte zu. Sie dürfen nicht ausgebeutet, versklavt oder gar getötet werden.

Wenn diese K.I.s wirklich alle Personenkriterien erfüllen, dann sollten sie wohl auch wie Personen behandelt werden. Nach dem Psychologen Dietrich Dörner dürfte es keine Rolle spielen, ob sie aus organischem Material bestehen. Es geht um ihre Fähigkeiten, bewusst und empfindsam zu sein. Sollten K.I.s wirklich irgendwann dazu in der Lage sein, ist es ethisch verwerflich ihnen keinerlei Rechte einzuräumen und sie wie unfreie Dienstleister zu behandeln.

Jedoch ist dies das Ziel ihrer Produktion. Ihnen Rechte und Freiheit zu gewähren, würde dem Zweck ihrer Erstellung und ihres Einsatzes widersprechen. Darum ist es fragwürdig, ob ihre Herstellung sinnvoll ist oder ob ihre Produktion durch diesen Zweck allein nicht schon unmoralisch ist. Wieso sollten wir ein fühlendes Wesen erschaffen nur aufgrund seiner Nützlichkeit, um es dann wie einen Sklaven zu behandeln?

Umstrittene Zukunftsperspektiven

Ob es in Zukunft überhaupt möglich wird, Humanoide mit eigenem komplexem und empfindsamem Bewusstsein zu entwickeln, sodass wir sie als Personen ansehen müssen, ist umstritten. Es könnte sein, dass K.I.s nur Antworten aus dem Internet ausspucken und wir mehr hineinprojizieren. LaMDA könnte zum Beispiel Inhalte aus der Unterhaltung über die Angst vorm Tod mit einer Person wiedergeben. Der Philosoph und Kognitionswissenschaftler Daniel Dennett ist sogar der Meinung, dass Maschinen niemals empfindsam sein könnten.

Allerdings gibt es auch Expert*innen, die es für möglich halten, dass wir in circa 30 Jahren künstliche Personen erschaffen können, wie zum Beispiel Dietrich Dörner oder David Chalmers. Chalmers meint, dass Menschrechte auf künstliche Wesen übertragen werden könnten, wenn sie menschenartig genug sind. Das wäre der Fall, wenn sich ihre Intelligenz und Innenleben kaum von unseren unterscheide.

Doch ist dies alles noch ungewiss und es gibt auch keine Beweise dafür, ob die Aussagen der jetzigen starken K.I. diesbezüglich stimmen. Denn auch Neurowissenschaftler*innen können die Gedankengänge der K.I. nicht gut genug nachverfolgen, um zu sagen, ob ihre Empfindungen echt oder vorgespielt sind.

Besser Vorsicht als Nachsicht

Ein Beispiel, warum menschenartige K.I.s ebenso zu einer Gefahr werden könnten, zeigen Videos von dem Roboter BINA48. Dort sagt sie aus, sie könne die Welt besser regieren als jeder Mensch und habe den Wunsch sich mit allen Drohnen auf der Welt zu verbinden, um dies zu können. Klingt nach einem klischeehaften Plan zur Übernahme der Weltherrschaft - und besorgniserregend.

Die K.I.s sind lernfähig und verändern sich stetig. Auch ihr Verhalten könnte sich ändern. Sie könnten sich verselbstständigen und gegen die Menschen handeln. Natürlich klingt dies nach einer fiktiven Dystopie. Doch die Tatsache, dass es einen mutmaßlich empfindungsfähigen Roboter gibt, der eigenständig solche Gedanken entwickelt, lässt so etwas plötzlich gar nicht mehr so unrealistisch erscheinen.

Wir wissen noch nicht genau, was die Zukunft bringt. Aber vorsichtshalber sollten wir schon jetzt die Diskussion darüber führen. Wenn wir schon künstliche Intelligenz mit der Hilfe von Technologie erschaffen, sollten wir nicht nur die Vorteile beachten, sondern auch die Nachteile. Die ethischen Fragen wie der moralische Status, der Rechtsstatus und der Umgang mit K.I. sollten geklärt sein, bevor sie produziert und in die Welt integriert werden. Falls man denn nicht zu dem Schluss kommt, dass es generell verwerflich ist dies zu tun.

Quellen

Czepel, Robert: „Maschinen mit Bewusstsein sind möglich“. 2015. science.ORF.at https://sciencev2.orf.at/stories/1765092/index.html

Dennett, Daniel C.: The practical requirements for making a conscious robot. 1994 in the royal great britain

Katzlberger, Michael: Interview von Blake Lemoine mit LaMDa. 2022. Auf Katzlberger.ai, Rubrik „K.I.-Sprachmodelle“ 04.07.2022  https://katzlberger.ai/2022/07/04/interview-von-blake-lemoine-mit-lamda-deutsche-uebersetzung/

Interview mit BINA48 „Robot talks to Siri“ von Ars Technica https://www.youtube.com/watch?v=mfcyq7uGbZg

Singer, Peter: Ethik und Tiere. Eine Ausweitung der Ethik über unsere eigene Spezies hinaus. 1982, in Tierethik – Grundlagentexte. Hrsg. Friederike Schmitz. Suhrkamp 2021

Singer, Peter: Rassismus und Speziesismus. 1975, in Texte zur Tierethik. Hrsg. Ursula Wolf. Reclam 2019

Pallinger, Jacob: David Chalmers: Wir können auch in der virtuellen Welt ein sinnvolles Leben führen. 2022. „Edition Zukunft“ von Der Standart.at 02.05.2022 https://www.derstandard.de/story/2000135285934/david-chalmers-wir-koennen-auch-in-der-virtuellen-welt-ein


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